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Es ist kurz vor neun, als die Klingel ertönt. Ich sitze auf der Couch, eine Zeitung in Händen, Susanne erhebt sich und geht zur Wohnungstür. Bevor sie öffnet, dreht sie sich noch einmal zu mir um, ich nicke ihr aufmunternd zu. Eine knisternde Spannung liegt in der Luft, wie vor einer Theaterpremiere.
Die Tür öffnet sich, ein junger Mann, dessen Blick sich sofort auf mich heftet, betritt den Flur. Er begrüßt Susanne nur kurz, fast beiläufig, bleibt stehen und starrt mich entgeistert durch den Türrahmen an.
Seit ich nach meiner Flucht aus den Fängen von Hardenbergs Häschern hier bei Susanne gelandet bin, habe ich mein äffisches Gebaren gänzlich abgelegt. Mein Verhalten wird nicht mehr bestimmt durch animalische Unruhe, sondern meine Bewegungen sind zielstrebig, vorhersehbar und vor allem ruhig; wenn ich in Gesellschaft bin. Das mag denjenigen irritieren, der mich für einen Schimpansen hält. Den Menschen, die mit mir in Kontakt treten, sollte es in jedem Fall eine große Hilfe sein.
Es ist mir nicht genau bekannt, wieviel Susanne diesem Journalisten erzählt hat; trotzdem ist für ihn alleine schon die absurde Tatsache umwerfend, hier einen ausgewachsenen Riesenschimpansen auf einer Wohnzimmercouch sitzen zu sehen. René steht da wie ein Kind, das zum ersten Mal einen leuchtenden Weihnachtsbaum sieht.
„Phillip, das ist René. Wir waren auf der gleichen Schule. René, das ist Phillip“, stellt Susanne uns einander vor.
Der junge Mann steht erstarrt, weiß nicht recht, was er tun soll. Bis ich mich erhebe, ihm meine Hand entgegenstrecke und deutlich „Guten Tag, René “ flüstere.
Schüchtern, beinahe automatisch kommt er näher und legt seine zierliche Hand in meine Pranke, ich drücke sie sehr sanft, bevor ich mich wieder setze, die Zeitung sorgfältig zusammenfalte und akkurat vor mir auf den Tisch lege.
„Setz dich doch!“ fordert Susanne ihn auf.
René, dessen Blick bisher keine Sekunde von mir gewichen ist, setzt sich unbeholfen auf die Kante des Sessels, der am Tisch steht, rutscht ab und wäre um ein Haar zu Boden gefallen. Ich packe schnell zu, bewahre ihn so vor einem Sturz. Seine Hände zittern, es hat ihm wohl ein wenig die Sprache verschlagen. Irgendwann fragt er, erfüllt von Skepsis:
„Das ist aber kein ... das ist kein Scherz, oder? Hier ist auch nicht irgendwo eine Kamera versteckt?“
Susanne, die neben ihn getreten ist, versichert ihm:
„Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als daß es ein Scherz wäre, René! …
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