… Mit einem Ruck versucht er sich aufzusetzen, das mißlingt ihm. Beim zweiten Versuch helfe ich ein wenig nach, und das mehrere Zentner schwere Tier schafft es schließlich auf die eigenen Beine. Noch ein bißchen benommen steht es da, wackelt mit dem schweren Gehörn, macht ein paar Schritte, hält an, äugt verständnislos zu mir herüber, macht einen ungestümen Satz und bleibt erneut stehen. Wenn mich auch die gefährlichen Stirnwaffen abschrecken sollten, so trete ich doch einige Schritte auf den Bongo zu, und er verharrt. Gelassen erwartet er meine ausgestreckte Hand, leckt sogar meinen Daumen ab, und es scheint, als liefen Tränen aus seinen Augenwinkeln.
„Iih, iih, iih!“ tönt es aus den Wipfeln, angstvoll kreischen die drei Männer, wissen nicht, was hier unten geschieht, kennen diese Art von Dankbarkeit beinahe überhaupt nicht - sind schon fast auf dem besten Wege, sich in Menschen zu verwandeln. Ein furchtbarer Gedanke.
Die Bongodame bleibt wie angewurzelt auf ihrem Fleck stehen, es ist an mir, den Rückzug anzutreten. Vorsichtig entferne ich mich, bis das Tier aus meinem Gesichtsfeld verschwindet. Ich habe das Gefühl, wieder in Tansania zu sein. Als wäre seit damals nichts geschehen. Viel fehlt nicht, und auch ich werde ein paar Tränen vergießen. Tränen der Hilflosigkeit.
Die Waffe in der einen Hand, gilt mein nächster Gedanke wieder den beiden Gewehren der Wilddiebe, und ich nehme sie an mich. In Händen halte ich eine hochmoderne Halbautomatik, ein Schnellfeuergewehr, eine echte Kriegswaffe. Die zweite Büchse ist einfacherer Bauart. Die beiden Gewehre sind wichtig für mich, weil meine Munition begrenzt ist. Aber ich entdecke auch noch einen weißen Kunststoffsack, gut gefüllt mit Patronen. Es sind so viele, daß die Frage gestattet sein muß, was die beiden eigentlich vorhatten. Hunderte rinnen durch meine Finger, die Munition ist ebenso modern wie die Waffen. Woher nur erhalten diese Wilderer immer aufs neue so gute Ausrüstung?
Während ich auf dem Rückweg am Boden alles alleine trage, folgen meine Genossen in gebührendem Abstand in luftiger Höhe, nicht ganz ohne Mißtrauen. An meinem Versteck angekommen, verstaue ich meine Siegestrophäen im hohlen Baum. Die ehemaligen Besitzer brauchen sie nicht mehr, von ihnen wird hier im Dschungel schon sehr bald nichts mehr übrig sein. Heute jagen wir nicht. Das habe ich eben beschlossen.
Kapitel XII
Daß die sich hier noch einmal blicken lassen würden, hätte ich nicht vermutet! …
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