… Ich betrachte ihn, es ist eine Pfeilspitze! Beim Umrunden der beiden Tiere stelle ich keine Verletzungen fest, aber die Spitze im Horn verrät mir, daß Wilderer hinter ihr her waren. Mit einem festen Griff, aber vorsichtig, ziehe ich die Pfeilspitze heraus und erkenne das dunkle Sekret, mit dem sie überzogen ist. Sie haben mit Giftpfeilen auf sie geschossen. Unbeeindruckt von der Tatsache, daß sie ein Junges mit sich führt. Was sind das für Menschen? Warum nur versuchen sie, diese prächtigen Tiere auszurotten? Erneut brodelt eine ohnmächtige Wut in mir, und meine lästigen Gliederschmerzen sind mit einemmal wie weggeblasen. Ich muß auf die beiden aufpassen, oder ich werde eines Tages nur noch ihre Überreste in der Savanne finden.
Aber ich kann nicht ständig mein Augenmerk auf sie richten. Und selbst das würde die Wilderer nicht hindern, ihrem schmutzigen Handwerk nachzugehen. Notfalls werden sie ohne zu zögern selbst mich abschießen, wenn ich auch kein Horn besitze und als Trophäe an der Wand keinen besonders imposanten Eindruck hinterlassen würde; und dieser Gedanke mißfällt mir außerordentlich.
Die Pfeilspitze wickle ich in ein Stofftuch und stecke sie in meine Hemdtasche, ich werde sie später am Abend untersuchen. Aber ich kenne das Gift bereits! Es handelt sich zweifellos um Aconkanthera schimperi und ist äußerst heimtückisch. Wenn auch eine kleine Thomson-Gazelle innerhalb weniger Minuten daran sterben kann, so wirkt es bei größeren Tieren entsprechend langsam und verursacht bei den Opfern große Schmerzen, die sich oftmals über Tage hinziehen, bis der Tod sie von ihren Leiden erlöst. Oder ein Raubtierrudel.
Einmal, vor vielen Jahren, durfte ich Zeuge sein bei einer feierlichen Handlung, in deren Verlauf ein Medizinmann der Giriama, die übrigens das effektivste Gift herstellen, über Stunden und Stunden das tödliche Gebräu zubereitete. Früh am Morgen warf er sich in seine bunte, für Europäer mitunter ein wenig an Karneval erinnernde Verkleidung, stellte einen unförmigen schwarzen Wassertopf aufs Feuer und begann, mit einem großen stumpfen Messer von einem langen, frisch geschlagenen Ast der Aconkanthera Holzstücke abzuhauen. Nach und nach warf er die gelben Hölzer zusammen mit ihrer mit dünnen orangefarbenen Streifen versehenen Rinde ins kochende Wasser und vergaß dabei nie, tüchtig umzurühren. Ein trockener, bitterer Geruch lag in der Luft; das ganze fand im Freien statt.
Als nächstes zerhackte er dicke Wurzeln von demselben dornenlosen Baum und fügte sie der brodelnden Masse hinzu. …
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