… Sanft atmet die kleine Kreatur, liegt auf dem Bauch und träumt süß, ein Daumen befindet sich im Mund des Kindes.
Die Gier, die meinen Körper befallen hat, ist nicht mehr zu bezähmen. Nicht ich bin es, der hier handelt, nein, es handelt in mir, mit mir. Und so ist es leicht erklärbar, daß meine riesige Pranke in das Bettchen greift, das Kind packt und aus den Kissen reißt. Das Kleinkind unter dem Arm, bin ich schon am Fenster, hangle mich einarmig die Dachrinne hinunter, überwinde den Zaun wie ein Schemen und bewege mich auf den Ortsausgang zu. Die Versuche des Kindes, zu schreien, verhindere ich mit einem leichten Druck des Oberarmes. Als ich den Wald erreiche, hängt meine Beute schlaff herunter, atmet nicht mehr.
Mit einemmal ist meine Unruhe wie weggeblasen und einem unglaublichen Entzücken gewichen. Wie einen geheimen Schatz halte ich den leblosen Körper in meinen Händen und beginne, noch bevor ich zwischen den Bäumen einen geeigneten Platz gefunden habe, mit geschlossenen Augen in das zarte Fleisch hineinzubeißen. Süß schmeckt es, ungemein weich und süß rinnt das Blut über mein Kinn, tropft auf meine Brust, läuft an meinem Fell entlang, ich werde es später auflecken. Fasziniert kaue ich meinen Raub. Als ich schließlich einen Fichtenstamm finde, den ein Windstoß entwurzelt und auf den weichen Waldboden geworfen hat, verweile ich dort und widme mich voll und ganz diesem Festmahl.
Ein Rascheln läßt mich herumfahren. Beinahe ängstlich, wie etwa ein Dieb dies tun würde, so verbergen meine mächtigen Arme die Beute vor ungebetenen Blicken, meine Augen dagegen suchen die Umgebung ab und erkennen einen Fuchs, durch den Blutgeruch angelockt. Sofort stehe ich angriffsbereit auf dem Stamm, nicht willens, auch nur ein winziges Stück meines Diebesgutes abzugeben. Meister Reineke spürt meine Entschlossenheit und ergreift die Flucht, ich kann meine Mahlzeit in Ruhe beenden. Nach der Reinigung vergrabe ich die Reste des Säuglings und begebe mich auf den Rückweg zum Pharmagebäude.
Endlich ist der bittere Geschmack verschwunden, es geht mir ausgezeichnet, dieses Mahl hatte mir gefehlt. Ich spüre keine Gewissensbisse. Warum auch? Ich bin ein Schimpanse und habe mich heute keineswegs als Kannibale betätigt, mich lediglich an einer verwandten Art vergriffen. Wie ein Spürhund laufe ich meiner Nase nach, erreiche das Areal des Pharmaunternehmens, erklimme den verzinkten Blitzableiter, der mir schon so oft nach meinen Exkursionen den Wiedereinstieg ermöglicht hat und begebe mich in das Büro von Dr. …
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