„Ich hasse das Glücksspiel! In der vergangenen Woche habe ich einen Bankier wegen fortgesetzten Betruges zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt; ich bin Richterin am hiesigen Schwurgericht. Der Mann hatte zudem wiederholt hohe Summen unterschlagen, sich bei Konten von Kunden bedient usw. Und das alles, weil er seiner Spielsucht nicht Herr werden konnte. Dieser Mann hatte vor Gericht erklärt, er könne nicht von seiner Sucht lassen, sie ziehe ihn an, wie das Licht die Motte, sie hielt ihn gefangen wie eine Bärenfalle. Das Gericht hat ihm natürlich nicht geglaubt.“
Sie machte einen vorsichtigen Schluck aus dem Sherryglas, leckte sich die Unterlippe und sah Ben dabei durchdringend an.
„Ich hatte keine Ahnung, wovon der Mann gesprochen hat“, fuhr sie fort, „bis ich heute abend diese Erfahrung am eigenen Leib gemacht habe. Oh, wie ich dieses Spiel hasse! Es ist unglaublich, wie sehr einen diese Kugel in ihren Bann zieht. Ich verdiene nun wirklich nicht schlecht in meinem Beruf, mein Mann auch nicht, man kann wohl sagen, wir sind zu den finanziell Bessergestellten zu rechnen, aber dennoch. Es bedarf schon eines überaus starken Charakters, sich dieser ungeheuren Faszination zu widersetzen.“
Mrs. Hawkins unterbrach sich nur kurz, als der Wirt den Kaffee brachte, abstellte und sich wieder entfernte.
„Ich habe Ihnen gesagt“, sprach sie danach etwas gedämpfter weiter, „daß ich heute mit fünfhundert Pfund im Casino eingetroffen bin. Im Verlaufe des Abends waren daraus 2900 geworden - fragen Sie mich nicht, wie. Im Anschluß habe ich fast alles wieder verspielt. An Ihrem Tisch. Warum? Es war mir einfach nicht möglich aufzuhören, mir selbst einzugestehen, daß ich nun mein ganzes Geld verloren hatte, daß es unwiederbringlich fort war, weg. Und dort auf dem Tisch lag doch noch so viel davon. Das war eine schwierige Situation für mich. Insofern kann ich diesen Bankier jetzt etwas besser verstehen. Nicht entschuldigen, wohlgemerkt, nur verstehen. Ich denke, das war auch für mich eine Erfahrung fürs Leben. So hoffe ich doch!“
Und der Augenaufschlag, mit dem sie Ben bedachte, schien ehrlich gemeint. Benjamin Sinclair hörte ihr aufmerksam zu, sie war eine interessante Gesprächspartnerin und eine bemerkenswerte Frau; er schätze ihr Alter auf fünfunddreißig Jahre. Ihre etwas bleiche Gesichtsfarbe ließ darauf schließen, daß sie zu viele Stunden in geschlossen Räumen verbrachte und zu wenige im Freien. …
Ihre echte Einschätzung hilft dem Autor seine Texte zu verbessern.
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