Eine groteske Verwandlung
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Kapitel I
Kapitel II
Kapitel III
Kapitel IV
Kapitel V
Kapitel VI
Kapitel VII
Kapitel VIII
Kapitel IX
Kapitel X
Kapitel XI
Kapitel XII
Kapitel XIII
Kapitel XIV
Kapitel XV
Kapitel XVI
Kapitel XVII
Kapitel XVIII
Kapitel XIX
Kapitel XX
Kapitel XXI
Kapitel XXII
Kapitel XXIII
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… 

   Der Draht am Bein der Giraffendame ist über vier Meter lang und hat sich knapp oberhalb des Hufes tief ins Gewebe eingeschnitten, sie hat Schmerzen, dennoch weicht sie nicht ab von ihrem Tagesrhythmus, kümmert sich dazu noch um ihr Kleines. Schon seit vielen Tagen schleppt sie dieses Anhängsel mit sich herum, irgendwann wird sie aufgrund der Infektion nicht mehr weiter laufen können, wird sich ins Gras legen und sterben. Und mit ihr das Jungtier.

   Zwei dunkle Augen schauen aus der zweiten Etage auf mich herunter, etwas wie Wehmut scheint daraus zu sprechen, etwas wie: ‚Ich verstehe das nicht’. Dabei senkt sie den Kopf. Ich hebe meine Hand, lege sie sanft auf die Nüstern der Giraffe und sage:

„Ich verstehe es auch nicht. Aber trotzdem werde ich dich nicht im Stich lassen.“

Nach einer kurzen Streicheleinheit gehe ich zum Wagen.

   Der Draht sitzt tief, ist von außen kaum zu sehen. Mit meiner Spezialzange versuche ich ihn zu ertasten. Die Giraffe ist ein starkes Tier, hat sich gewehrt gegen das Objekt, welches sie festhielt, hat dadurch die Schlinge so fest zugezogen, daß sie vollständig in der Haut verschwunden ist. Wäre nicht der lange Draht sichtbar, ich hätte gar nicht gewußt, warum das Tier hinkt. Mehrmals hatte ich schon erlebt, wie ein Draht direkt hinter der Schlinge abgerissen war, und dann bedurfte es einige Zeit ihn zu orten.

Endlich habe ich ihn gepackt, mit meinem scharfen Schneidewerkzeug durchtrennt und mit der Zange vorsichtig herausgezogen. Mutter Giraffe hält still, sieht mir bei der Arbeit zu. Ich strecke ihr den Draht entgegen, sie senkt ihren langen Hals, schnuppert neugierig an dem Metall, und schon kommt ihre lange Zunge zum Vorschein. Bedächtig leckt sie das Stück verrosteten Drahtes ab, wie sie es schon unzählige Male vorher getan hat, als ihr Fuß noch damit umwickelt war. Der Draht verschwindet aufgerollt in meiner Tasche, danach versorge ich die Wunde. Geduldig steht das riesenhafte Tier neben mir, alle Beine ruhig am Boden. Und was für Beine! Ein ausgewachsener Giraffenbulle kann über eineinhalb  Tonnen wiegen, ein Weibchen ist leichter, dennoch. Ein Heben des Fußes, ein einziger Tritt und ich wäre Vergangenheit. Warum diese Dame es nicht tut, ist klar: Sie weiß, ihr wird geholfen, und wer beißt schon eine Hand, die hilft? Welches Meereswesen würde sich an einem Putzerfisch vergreifen, der ihm Gutes tut?

Der penetrante Geruch von Elefanten wird stärker. Da spüre ich die lange feuchte Zunge an meinem Hals, dort, wo der Haarwuchs etwas spärlicher ist. …


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