…  Es sind genau diese Ruhephasen, in denen wir tief schlafen. Die kleinste Störung hingegen läßt uns sofort erwachen und unsere Sinne mobilisieren. Auf diese Weise schlafen wir in jeder Nacht unzählige Male ein und wachen ebensooft wieder auf. Das gehört zu unserem Rhythmus wie das Essen, das Trinken oder das Wandern. Obwohl ich in den schwarzen Nächten fast nichts erkennen kann, fühle ich mich keineswegs hilflos. Meine anderen Sinne übernehmen jene Aufgabe, die bei Tageslicht meinen Augen zukommt. Mein Spürsinn hat sich unglaublich entwickelt.

Ich kann rückwärts durch den Dschungel gehen, ohne je anzustoßen; mein Körper fühlt die Temperaturunterschiede der einzelnen Gegenstände, seien es nun Bäume, Steine oder kleine Pflanzen. Mir ist, als könnte mein Rücken sehen. Durch diesen neuerworbenen Sinn kann sich das Auge auf jene Dinge konzentrieren, die im Moment wichtiger sind. Gerade bei der Jagd hilft er mir. Und wir jagen oft ...

   Als ich das erste Mal Zeuge einer derartigen Verfolgungsjagd wurde, hab ich geglaubt, in den Wipfeln trüge sich eine regelrechte Schlacht zu. Ohne ein Anzeichen von militärischer Ordnung zerstreute sich die Gruppe zu Beginn im Wald. Welche Rolle mir dabei zugeteilt wurde, entzog sich zunächst meiner Kenntnis, im Affengalopp lief ich hinterher.

Brummbär eilte nach rechts, Anton erklomm einen Baum, Eros rannte geradeaus, einige Weibchen verteilten sich mehr oder weniger ungeordnet am Boden. Es dauerte lange, bis ich überhaupt erkennen konnte, wen es zu jagen galt. Aber endlich hatte auch ich das Opfer erspäht: Ein Roter Stummelaffe, der sich hoch in die Wipfel eines Urwaldriesen zurückgezogen hatte. Abgetrennt von seiner Sippe, saß er auf zierlichen Zweigen, die für unsereins viel zu dünn waren.

Aber die drei Schimpansenmänner hatten ihre eigene Taktik. Rasch stiegen zwei der Jäger auf benachbarte Bäume, bis der Stummelaffe unruhig wurde. Wäre er sitzen geblieben, er wäre in Sicherheit gewesen; er tat es nicht.

Anton, unser Choleriker, näherte sich ihm geräuschvoll, rüttelte dabei an den dickeren Ästen - wie etwa ein verzweifelter Galeerensklave beim Untergang des Schiffes an seinem Ruder gerüttelt haben mag - was den Stummelaffen zur Flucht veranlaßte. In wilder Panik rannte er einen stämmigen Ast entlang, als ihm Brummbär den Weg versperrte und ihn zu einer unkontrollierten Richtungsänderung zwang. Blindlings in die neue Richtung eilend, traf er nun auf Eros, der sofort zugriff und ihn am Arm packte. …