Es ist vorbei, sagte er sich schließlich. Du bist in Sicherheit, die Brücke ist weit, weit weg. Durch schmale Augenschlitze betrachtete er seine unmittelbare Umgebung. Er lag in einem Bett, das umrahmt war von weißen Gittern. Ein Kinderbett, dachte er. Ich liege in einem Kinderbett. Und an der Wand dieses Kreuz.
Benjamin versuchte sich aufzurichten, unterließ es jedoch, nachdem er feststellen mußte, seine beiden Handgelenke waren festgebunden.
Warum haben sie mich festgebunden? war sein erster, wirklich klarer Gedanke, und die grausige Erinnerung an die düstere Lagerhalle kehrte schlagartig zurück, wurde aber sofort zurückgedrängt. Eine Schwester trat in sein Blickfeld, eine große Frau mit blonden, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haaren. Ben versuchte zu sprechen, seine Stimme versagte ihm den Dienst. Nun erst begriff er, daß er Durst hatte, immensen Durst sogar, sein Gaumen war völlig ausgedörrt. Die Schwester erkannte es, goß etwas Wasser in ein Glas und führte es an seinen Mund. Ben trank in gierigen Schlucken, und ein weiteres Stück seiner selbst kehrte zu ihm zurück.
„Was ist mit mir?“ war die erste Frage, die er an die Krankenschwester richtete.
„Es geht Ihnen gut, Sie sind im Charing Cross Hospital. Ihre Schulter ist verletzt. Ich bin Schwester Margret“, bekam er zur Antwort, der Donner in ihrer Stimme war nun verschwunden.
„Warum sind meine Hände ... festgebunden?“ wollte Ben wissen.
„Das wird Ihnen nachher der Doktor sagen.“
Ben, der sich während der letzten Stunden beständig, aber völlig unbewußt, von seinen Fesseln zu befreien suchte, spürte nun, da er richtig wach war, daß seine Hände mit weichen Binden an den Gitterstäben des Bettes festgezurrt waren. Er hob etwas den Kopf an, blickte auf seine linke Schulter, sah den dicken Verband, und augenblicklich kam der Schmerz. Als hätte jemand zwei Stromkabel miteinander verbunden, so unmittelbar durchfluteten die Wellen seine verletzte Schulter, Panik überkam ihn.
„Haben Sie Schmerzen?“ fragte die Frau in Weiß, und in ihrer Stimme schwang deutlich mehr Routine als tatsächliches Mitgefühl.
Ben nickte stumm, die Schwester spritzte eine klare Flüssigkeit in den Tropf, dessen Schlauch in seiner linken Unterarmvene …
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