Ihr vis à vis saß Raoul. Er stammte aus Mexiko, war untersetzt, sprach einen harten spanischen Akzent, rollte das R übermäßig und blickte immer übelgelaunt drein. Gerade hatte er mit seinem linken Arm versehentlich sein Bierglas umgeworfen. Mit dem rechten fege er die schäumende Brühe samt Glas vom Tisch, und bei der Rückwärtsbewegung sah er sich genötigt, Simon das Kartenspiel aus der Hand schlagen zu müssen.
„Du langweilst mich!“ gierte er ihn an, warf noch einen wehmütigen Blick auf Debbie, seine Verflossene, und starrte aus der Tür hinaus auf den Parkplatz, wo ihre Motorräder standen.
„Deswegen brauchst du nicht gleich wieder auszurasten, Raoul!“
Der dies sagte, war Timothy, ein junger Mann mit schwarzer Hautfarbe. Er saß am Ende des Tisches und hatte als einziger eine Cola vor sich stehen. Sofort fing er sich einen feurigen Blick von Raoul ein, der als Wortführer der kleinen Gruppe fungierte. Timothy erwiderte ruhig den Blick, er glaubte nicht, daß Raoul ihn attackieren würde. Vor Monaten waren sie einmal aneinander geraten, und Raoul hatte es auch damals nicht geschafft ihn einzuschüchtern. Seitdem bestand zwischen den beiden eine Art Waffenstillstand, von dem keiner wußte, wie lange er halten würde.
Timothy war groß, brachte 90 Kg auf die Waage und paßte nicht so recht in diese Gruppe. Er war für den Umweltschutz tätig gewesen. Als die Regierung jedoch vor einiger Zeit das Projekt stoppte, saß er auf der Straße; die Arbeitslosigkeit in dieser Region war hoch. Daher stand Timothys Maschine in letzter Zeit öfter mal zu Hause, ihm fehlte das Geld für den Kraftstoff. Nicht so heute. Heute war er nach dem Tanken von der Mobil-Station weggefahren ohne zu bezahlen und fühlte sich deswegen gar nicht wohl in seiner Haut; so etwas tat er für gewöhnlich nicht.
Simon und Raoul hatten Arbeit, noch. Raoul war 34 und der kräftigste von allen. Er schuftete in einer Metallfirma, schweißte schwere Rahmen zusammen. Bei einem …
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