Ben erwiderte kein Wort, Angst lähmte seine Stimme. Wenige Augenblicke später geleitete ihn der Hüne zum Wechselschalter, Ben tauschte seinen Gewinn um und mußte das Casino verlassen.
Vor der Eingangstür angelangt erwartete er einen Stoß, eine Unflätigkeit von seiten des Mannes, einen Schlag, zumindest die Rückforderung seines Gewinnes, spannte seine Nackenmuskeln an – nichts geschah. Als Ben den Kopf wendete, war der Kerl verschwunden; völlig unbehelligt hatte er ihn ziehen lassen.
Was hätte Ben tun sollen? Damit mußte er rechnen. Allerdings hatte er nicht geglaubt, daß sie so schnell auf ihn aufmerksam werden würden. Anscheinend galten hier auf dem Festland andere Regeln, Regeln, die er ansatzweise schon in Paris zu spüren bekommen hatte.
Trotz allem war Ben darüber nicht besonders unglücklich, schließlich war er auf derartige Vorkommnisse bestens vorbereitet. Insgesamt beliefen sich seine bisherigen Gewinne in Monte Carlo mit nur wenigen Spielen auf fast 2.5 Mill. Francs, in zwei Tagen. Und er hatte nicht vor, so schnell klein beizugeben.
Als Ben am nächsten Morgen aufstand, rasierte er sich als erstes seinen Vollbart ab; heute abend müßten sie schon sehr genau hinsehen, wollten sie ihn wiedererkennen. Den Vormittag verbrachte Ben - nachdem er wie auch tags zuvor zur Bank gegangen war, die horrenden Gewinne zu überweisen - in einer Art Meeresmuseum, wo er einen gigantischen Kalmar bewunderte, der an der Decke hing. Über 15 Meter lang war das Tier, und Ben tat sich schwer, zu glauben, daß dieser Tintenfisch einmal lebendig im Meer geschwommen war; vielen Besuchern erging es ähnlich.
Beim Mittagessen im Hotel sah er an einem der benachbarten Tische Ines sitzen, er winkte ihr freundlich zu, sie aber reagierte verhalten. Ben stand auf und ging zu ihr hinüber. Als er vor ihr stehen blieb und sie ihn noch immer unsicher taxierte, fiel ihm ein, daß er keinen Bart mehr trug.
„Ach ja“, begann er schnell, „mein Bart ist ab. Ich hatte plötzlich keine Lust mehr, und im Sommer sowieso ...“
Jetzt erst erkannte sie ihn, musterte ihn eindringlich und bekannte schließlich freimütig:
„Wissen Sie was? So gefallen Sie mir viel besser. Mit Bart erinnern Sie mich zu sehr an meinen Bruder.“
Der Vortrag war um 16 Uhr, Ines selbst als Rednerin vorgesehen. Das erkannte Ben allerdings erst, als sie aufstand, um ans Rednerpult zu treten. …
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