Das Casino in der französischen Metropole war gut besucht gewesen, als Ben, den ein schwarzer Vierzehn-Tage-Bart zierte, gegen 23 Uhr dort eintraf. Es ging ein wenig lauter, ein wenig hektischer zu als in London, aber das war ganz gut so. Für sein Vorhaben brauchte Ben Menschen um sich, viele Menschen, je mehr, umso besser. Sein primäres Ziel war die Anonymität. Egal, wo er spielte, er durfte auf keinen Fall in irgendeiner Form auffallen, und daher behielt er sein Konzept bei, das in Brighton so spielerisch leicht zum Erfolg geführt hatte.
Diesmal besorgte er sich ganz ordnungsgemäß Spielmarken, stellte sich an einen der zahlreichen Roulettetische und sah zunächst nur zu. Der Croupier warf nicht gut, Ben wechselte an einen anderen Tisch, auch dort war er nicht zufrieden mit den Wurfkünsten des Kollegen. Aber schon nach dem vierten Wechsel fand er, wonach er gesucht hatte. Der blonde Mann an der Roulettescheibe pflegte etwa den gleichen Stil wie Ben selbst, es war ein Vergnügen ihm zuzusehen. Weil dieser Tisch sehr stark frequentiert war, lagen auf den meisten Feldern Chips unterschiedlichen Wertes, und Ben mußte einige Zeit warten, bis der Blonde sich anschickte, die Kugel auf eine Zahl zu werfen, deren Feld nicht belegt war, in diesem Fall auf die 10; sofort setzte Ben 500 Francs. Die Elfenbeinkugel traf sicher, Ben steckte seinen Gewinn ein und verließ den Tisch augenblicklich; er wollte keiner Menschenseele die Zeit geben, sich sein Gesicht einzuprägen.
Die anderen Kollegen hier warfen nicht so gut, deshalb kehrte Ben gezwungenermaßen nach einer knappen halben Stunde wieder zurück zum Tisch seines Erfolges, stellte sich in die zweite Reihe und wartete, in der Hand Chips für 3000 Francs. Das unangenehme Bartjucken, das ihn seit Tagen stets in Versuchung führte, sich unwillkürlich das Gesicht zu reiben, störte ein wenig, würde aber hoffentlich bald nachlassen. Mit einer unglaublichen Präzision verfolgten Bens Augen das Geschehen am grünen Tisch, er war sich mittlerweile sicher, daß der Blonde wahllos warf, er versuchte weder eine bestimmte Zahl zu treffen noch irgendeine auszugrenzen.
Endlich war es soweit, die Kugel machte sich auf den Weg zur Null, die unbesetzt war. Kurz bevor der Werfer sein ‚Rien ne va plus!’ vernehmen ließ, legte Benjamin 3000 Francs auf die Null; das …
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