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… Abständen, sogen Luft ein, stießen sie danach reflexartig wieder aus, so als befände sich ein winziger Fremdkörper in seinen Atemwegen. Auch seine Augenlider öffneten sich zwischenzeitlich überdeutlich, wie bei Menschen mit einem Tick, um sich anschließend wieder zusammenzuziehen. Offensichtlich waren 9 Millionen Dollar auch für ihn keine Kleinigkeit.
Behutsam streichelte Ben die Kugel, drehte das Rad in die Gegenrichtung, setzte seinen Wurf an und schaute gelangweilt zur Deckenbeleuchtung hinauf. Dort oben hatten sich ein paar Motten versammelt, als wollten auch sie teilhaben an diesem beispiellosen Ereignis. Leise, aber bei der atemlosen Stille ringsumher dennoch deutlich hörbar, legte die Kugel eine Runde nach der anderen zurück, gebannt verfolgt von den sensationslüsternen Blicken der Schaulustigen.
Nur ein einziges Augenpaar schaute fast desinteressiert zur Decke: Es war das von Ben, der ohnehin wußte, wohin sich die Kugel legen würde. Als das harte Klickern die Entscheidung anzudeuten begann, hörten die Anwesenden auf zu atmen. Ohne eine Abschweifung, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, ein anderes Feld überhaupt in Erwägung zu ziehen, legte sich das weiße Bällchen genau zwischen die 3 und die 12. Ein Raunen erfüllte den Saal.
„35, Noir, Impair, Passe!“ kam es ruhig aus Benjamins Mund, dessen ungeteilte Aufmerksamkeit noch immer den Motten an der Casinodecke galt. Erst danach lösten sich seine Augen von der Beleuchtung und wanderten hinüber zum Russen. Die Scheibe bedachte er mit keinem Blick.
Sein Kontrahent blieb noch eine Weile sitzen und starrte benommen aufs Spielfeld. Schließlich stand er auf, wankte sichtbar, schaute lange auf Ben, reichte ihm trotz allem kurz die Hand und verließ mit seiner Gefolgschaft als Geschlagener den Tisch.
Als stände er unter einem Zwang, so zielstrebig griff einer der Mitarbeiter nach dem Schlegel und versetzte dem Gong einen leichten Hieb. Diesmal ertönte es wie Musik in Bens Ohren, dennoch schickte er seinem Kollegen einen beinahe tadelnden Blick zu, begleitet von dem Anflug eines leichten Lächelns.
Ja, genau das liebten die Menschen in diesem Casino! So etwas gab es nirgendwo sonst auf der Welt zu sehen. Deshalb kamen sie ins Emirat.
Benjamin sammelte die Jetons des Verlierers ein, und der musikalische Mitarbeiter brachte den ungewöhnlich hohen Gewinn des Casinos ausgelassen zum Wechselschalter. Mit ruhiger Stimme rief Ben zum nächsten Spiel auf.


Kapitel  …[


   Die Einladung erfolgte ziemlich kurzfristig. Erst beim Frühstück erhielt Ben die Nachricht, er solle am heutigen Abend Cheikh Rahmans Gast sein. Aber Benjamin hatte Dienst und stand abends an seinem Lieblingstisch im prächtigen Wüstencasino. Er arbeitete viel, erfolgreich, und die Arbeit machte ihm derart Freude, daß er auf viele seiner freien Tage verzichtete. Der Scheich sah es mit Wohlwollen und ließ ihn gewähren. Am heutigen Abend jedoch sollte er die Kugel aus der Hand legen und an der kleinen Feier in den Räumlichkeiten des Scheichs teilnehmen. Ben sagte sein Kommen für 23 Uhr zu.
   Auf Saddes Geheiß hin brachte man ihn nach Dienstschluß zum Palast seines Gastgebers. Empfangen wurde Benjamin dort von dezenter orientalischer Musik, ins Leben gerufen von einfachen Saiteninstrumenten, einigen Holzflöten und Trommeln. Aufgrund der farbenprächtigen Innenausstattung des Prachtbaues wurde der westliche Besucher augenblicklich verzaubert und zurückversetzt in eine mittelalterliche arabische Märchenwelt.
   Man feierte heute den glücklichen Umstand, daß Benjamin seit etwas mehr als einem halben Jahr im Casino so erfolgreich tätig war. Kaum hatte er an der Tafel auf weichen Plüschkissen Platz genommen, die erlesenen Speisen und Getränke genießend, da erfuhr er, wie erfolgreich er gearbeitet hatte. Dank seiner begnadeten Hand war die Ausschüttung des Casinos von einer Milliarde Dollar - im davor liegenden Halbjahr - in den ersten sechs Monaten seiner Tätigkeit auf lediglich 300 Millionen geschrumpft. Dennoch war die Spielfreude der Besucher nach wie vor ungebrochen, die Zahl der Gäste stieg beständig und mit ihnen die Einnahmen. Das Limit an Bens Tisch lag, wenn er die Kugel warf, mittlerweile aus verständlichen Gründen bei unglaublichen 200 000 Dollar; gegebenenfalls auch darüber.
Die Finanzen wurden monatlich abgerechnet, Bens Einkünfte direkt nach London überwiesen, von dort erhielt er regelmäßig die Belege zugesandt. Darum hatte er von Anbeginn gebeten, jedoch gewisse Unregelmäßigkeiten festgestellt, und es Sadde mitgeteilt. Aber der lachte nur wissend und tröstete Ben damit, daß er diese Unregelmäßigkeiten bald selbst mit dem Scheich bereden könnte.
Bei der heutigen Tafel nun überreichte ihm Cheikh Rahman ein Schriftstück, welches die Abrechnungen der letzten sechs Monate aufzeigte, und in der Tat entdeckte Ben auch dort, daß die Zahlen unmöglich stimmen konnten. Man hatte sich  …
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