… 

„Vielleicht können wir ihn dazu bringen umzublättern“, sagte Herr Groß im Flüsterton.

Er hatte noch nicht geendet, als ich ihn für einen kurzen Moment ansah und eine Seite zurückblätterte, dort hatte ich zuvor ein Kreuzworträtsel entdeckt. Ich warf einen langen Blick darauf und entschied mich dann, den Versuch es zu lösen erst gar nicht in Angriff zu nehmen. Ich hatte keinen Stift.

« Demandez lui quelque chose, M. Gro!» sagte einer der Helfer begeistert. ‚Fragen Sie ihn etwas!’

Diesen Vorschlag fand der weiße Mann nun wirklich absurd und gab ihm dies deutlich zu verstehen.

„Sie sind ein Narr, Tolo! Wie soll ein Affe verstehen, was ich sage?“

Bei dem Wort ‚Affe’ hob ich meinen Kopf etwas, ließ meine rechte Augenbraue stolz und  nicht unaristokratisch in die Höhe wandern, wie Roger Moore etwa, und starrte den Mann sekundenlang tadelnd an. Ich kannte seine berufliche Qualifikation nicht, aber mich von diesem Menschen einen Affen nennen zu lassen, war für mich in diesem Moment nicht leicht zu ertragen.

„Aber er liest die Zeitung!“ kam es spontan von dem anderen Begleiter.

„Er liest sie nicht, er blättert darin. Das ist ein Unterschied“, entgegnete der Forscher bestimmt und drehte an der Kamera. Unvermittelt begann er, die Filmaufnahmen mit verhaltener Stimme zu kommentieren:

„Wir werden heute Zeuge einer kleinen Sensation“, begann er. „Vor uns sitzt Titan, der Rudelführer unserer kleinen Gruppe, der Gruppe IV im Virunga- Nationalpark. Er hat unsere Zeitung erbeutet. Das intelligente Tier ahmt das Zeitunglesen nach. Ich bin überzeugt: Niemals hat man Bilddokumente dieser Art gesehen.“

Weil er mich nach seiner eigenen Aussage für ein intelligentes Tier hielt, konnte ich gar nicht anders, ich mußte meine Aufmerksamkeit nun selbstverständlich voll und ganz auf die drei Männer konzentrieren.

„Wir sehen hier einen Affen, der durchaus menschliches Verhalten zeigt“, sprach Dr. Groß gedämpft ins Mikro.

Noch ehe er den Satz beendet hatte, griff meine Hand die Kamera und drehte sie schnell so weit, daß Groß unverhofft selbst im Bild war, sein eigenes Konterfei beschreibend. Sofort verstummte er, fühlte sich nicht mehr ganz so wohl wie zuvor. Sein Gesicht zeigte noch mehr Unbehagen, als ich mich nach vorne beugte, durchs Okular schaute und die blauen Streifen seiner ehemals weißen Turnschuhe ganz nah heranzoomte. Große Schweißtropfen liefen ihm über die Wangen, sein Atem ging stoßweise, aber nie im Leben hätte er es gewagt, diesen ungewöhnlichen Kameramann zu berühren und das peinliche Spiel zu beenden. …