… junge Priester, der neben ihm saß, hatte ihn neugierig angesehen und Angelo wußte, er mußte sich zusammennehmen und durfte sich seine Verzweiflung nicht anmerken lassen. Mit fiebrigem Glanz hingen seine Augen an der geliebten Gestalt, die sich grazil wie eine Feder zu der schwermütigen Musik der Panflöten bewegte. Die Verzweiflung und die Sehnsucht nach Freiheit, die in jeder ihrer Bewegungen zum Ausdruck kamen schnitten ihm ins Herz. Nein, er konnte nicht zulassen, das dieses süße Leben von dem Ungeheuer, das sich Gott nannte, zerstört wurde. Es mußte einen Ausweg geben. Angelo wurde nun ganz ruhig. Er mußte vernünftig und rationell überlegen, wenn er Elena aus dieser irrsinnigen Gefahr befreien wollte. Schon einmal hatte es jemand geschafft, unerlaubt und unbemerkt das Labyrinth zu betreten. Er mußte Elena dort erreichen, bevor sie in die Hände des Minotaurus fiel. Angelo`s Gedanken drehten sich wild im Kreis und er mußte sich immer wieder zur Ruhe mahnen. Er wußte genau, daß wenn er in Panik verfiel, alles für ihn und die Geliebte verloren war. Eine Befreiung während des Festes war unmöglich, denn die Mädchen waren unter ständiger Aufsichtvon Priestern und Priesterinnen. Auch auf dem späteren Weg zum Labyrinth wurden sie streng bewacht. Kräftigere Priester hatten die Aufgabe die Zuschauer, die den Weg der Prozession säumten, zurückzudrängen und den Weg freizuhalten. Es gab wirklich nur eine einzige Chance: in die Höhle einzudringen, wenn das Fest auf seinem Höhepunkt war, wenn die Priester und die Zuschauer zur Arena und in die Orte zurückgekehrt waren, wo festlich getafelt und getrunken wurde und nur die Wachen und vereinzelte Betrunkene noch vor Ort waren. Die Wächter, die vor dem Eingang der Höhle postiert waren, mussten außer Gefecht gesetzt werden. Angelo mußte noch einmal den alten Perikles aufsuchen, ihn bitten sein Versprechen einzulösen und ihm einen Betäubungstrank zu mischen. Er mußte ihm einfach helfen, sonst war alles verloren. Die Mädchen hatten ihren Tanz nun beendet und Angelo und die anderen jungen Männer kamen mit ihrem Stiertanz an die Reihe. Er sah mit brennendem Blick der schmalen Gestalt seiner Geliebten nach, als sie mit gesenktem Kopf hinter den anderen Mädchen aus der Arena schritt. Kurz bevor sie das Tor passierte, hob sie den Blick und sah ihn direkt an. Die verzweifelte Sehnsucht und die tiefe Resignation, die aus ihren Augen sprachen, schnitten Angelo tief ins …
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