… Es gab vier große Höhlenmündungen in diesem „Saal“ und vielleicht noch mehr. In dem schwindenden unruhigen Licht der herunterbrennenden Fackel war das nicht so genau auszumachen. Die ungleichmäßigen Schritte wurden zu einem lauten Stampfen und der schnaubende Atem fuhr wie Sturmwind durch die Gänge. Die Fackel warf nur einen schwachen Schein auf die stockfinsteren Einmündungen, nicht genug, um irgend etwas dahinter zu erkennen. Die Mädchen hatten sich wieder eng zusammengedrängt, nur Elena stand unter der Fackel mit dem Rücken zur Wand und starrte wie gebannt auf eine der Höhlen. Sie glaubte eine Bewegung in der tiefen Dunkelheit wahrgenommen zu haben. Da plötzlich brach das Ungeheuer, ohne jede Vorwarnung, wie ein Orkan über sie herein. In der inzwischen fast völligen Finsternis kam es Elena vor, als ob eine schwarze Wand auf sie zugerast käme, anders war die mächtige Silhouette nicht zu beschreiben. Ein schauerliches Gebrüll dröhnte in ihren Ohren und sie sah verzerrte, blutrote und bösartig leuchtende Augen. Die Mädchen schrien laut vor Angst, rannten durcheinander und versuchten der dunklen Masse zu entkommen. Die Dunkelheit war ihr zusätzlicher Feind, denn sie stürzten über am Boden liegende Steine oder verletzten sich an scharfkantigen Tropfsteinen. Sie schienen bald zu spüren, daß ihnen auf Dauer jede Chance verwehrt war. Ihre Schreie gingen in ein leises Wimmern über. Fünf von ihnen drängten sich wieder in der Nähe der blakenden Fackel zusammen. Die zwei anderen aber versuchten sich in den dunklen Gängen zu verbergen. Abrupt wurden zwei der Mädchen bei der Fackel von riesigen Klauen gepackt, die unvermittelt aus der wabernden Düsternis schossen, eines am Bein, das andere am Arm. Elena griff nach einem der noch unverletzten Mädchen, das sich wimmernd an ihre Beine klammerte und zog es an den Schultern hoch. Sie rüttelte sie grob und schrie, um das Gebrüll des Monsters und der beiden umklammerten Mädchen zu übertönen: „Hilf mir die Fackel zu erreichen!“als das Mädchen sie nur angsterfüllt und verständnislos ansah, gab ihr Elena eine schallende Ohrfeige und befahl: „Tu sofort, was ich dir sage!“ Ergeben hielt ihr die andere die ineinander verschränkten Hände hin und Elena konnte sich darauf stellen und so endlich die Fackel erreichen. Sie nahm sie von der Wand und riß hastig einen Streifen Stoff von ihrem Gewand, den sie darumwickelte, damit die Flamme nicht erlosch. Das aufflackernde Licht riß eine Szene aus der Dunkelheit, wie sie schrecklicher nicht hätte sein können: das dunkle Ungeheuer schleifte die schreienden verzweifelten Mädchen über den steinigen Boden hinter sich her. …

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