… denke, welch grausames Los sie für mich angenommen hatten.“ Angelo sah von einem Mädchen zum anderen und sagte: „Gut, dann ist jetzt alles geklärt. Machen wir uns auf den Weg.“ Drei dunkle Gestalten huschten durch die Nacht. Sie hätten sich keine Sorgen zu machen brauchen. Die Menschen der Insel hatten anscheinend alle bis zum Umfallen gefeiert und lagen längst in ihren Betten oder da, wo sie eben der Schlaf übermannt hatte. Niemand sah sie, niemand begegnete ihnen. Als sie den Ort auf einem schmalen Ziegenpfad umrundeten begann es leicht zu regnen und entferntes Donnergrollen erinnerte an das zornige Brüllen des Minotaurus. Sie kamen am Garten des Hauses von Elena`s Vater vorbei und Elena blieb unvermittelt stehen, so daß Lela, die als letzte von ihnen gegangen war, auf sie prallte. Als Angelo merkte, daß die beiden Mädchen ihm nicht mehr folgten, hielt er an und drehte sich ungeduldig nach ihnen um. Als er jedoch Elena`s sehnsüchtigen Blick erkannte, ging er zu ihr und legte ihr seine Hände auf die Schultern. Sie sah ihn um Verständnis flehend an und sage leise: „Liebster, bitte versteh mich. Ich möchte das Armband, das du mir geschenkt hast, meiner Mutter geben. Ich habe nichts anderes bei mir und als ich sie besuchen durfte, hat sie es gesehen. Wenn ich ganz leise bin wird niemand aufwachen. Ich weiß genau,wie ich unbemerkt ins Haus komme. Und wenn Mutter morgen aufwacht, und das Armband findet, wird sie wissen von wem es kommt und sie wird wissen, daß ich am Leben bin.“ Angelo nahm ihre Hände und drückte sie. „Ich werde dir ein neues kaufen.“ Aufmunternd nickte er ihr zu und sie eilte durch den Garten auf ein Fenster zu. Es bedeutete keine große Mühe für das Mädchen, hineinzuklettern. Vorsichtig schlich sie in den Schlafraum ihrer Eltern. Eine kleine Weile blieb sie andächtig vor der Schlafstatt stehen, um sich die Gesichter ihrer Eltern einzuprägen. Sie wusste, sie würde sie nie wiedersehen. Ihr Vater schlief tief und fest und schnarchte laut vor sich hin. Die Mutter bewegte sich unruhig im Schlaf und ein gequälter Ausdruck stand in ihrer Zügen. Vorsichtig legte Elena das Perlenband um das schmale Handgelenk der Mutter. Dann zog sie sich still zurück und eine Träne lief ihr über die Wange. Sie sah nicht mehr, wie der Atem ihrer Mutter ruhiger wurde und ihre Züge sich entspannten. Sie hatte im Schlaf das Armband berührt. Lela und Angelo hatten sie schon ungeduldig erwartet und als …
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