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… schien das Bild heute noch eindrucksvoller als das letzte Mal: noch düsterer wirkte die Höhle des Stiergottes, noch unheimlicher leuchtetendie roten Augen der Bestie aus der Dunkelheit. Ich sah die mächtigen Schatten der gewundenen Hörner matt schimmern. Noch extremer erschien mir der Kontrast der bösartigen Schwärze der Höhle gegen die blumengeschmückte helle Unschuld der Mädchen die auf die Höhle zugeführt wurden. Wieder faszinierte mich der verzweifelte Blick des schwarzgelockten jungen Mannes der flehentlich seine Arme nach der unerreichbaren Liebsten ausstreckte. Nun würde ich bald wissen, ob mein hiesiges Erlebnis nur meiner Phantasie zuzuschreiben war, oder ob es sich wiederholen würde. Als ich die mir schon vom letzten Mal bekannte Mattigkeit über mich kommen fühlte, versuchte ich mich zu wehren, aber irgendwann ließ meine Konzentration nach und der Widerstand schwand.

Im Tempel des Gottes


Vor einer von blühendem Efeu umrankten Säule saß Elena im Schatten des Tempels. Schon vor zehn Tagen hatten die Mutter und die Schwestern sie in die riesigen Tempelanlagen des Minotaurus begleitet und sie der Obhut der Priesterinnen übergeben. Es hatte einen tränenreichen Abschied von der Mutter gegeben und die Schwestern hatten sie zum Abschied umarmt und mit zum Teil neidischen zum Teil mitleidigen Blicken bedacht. Die beiden jungen Frauen mussten die Mutter fast gewaltsam aus dem Tempel drängen. Immer wieder stockte ihr Fuß und sie wandte sich mit brennendem Blick wieder zu ihrem zurückgelassenen Kind um. Elena war bei den Priesterinnen geblieben und hatte nichts in sich gefühlt als eine große Leere und eine unbestimmte Angst, die ihr Herz umfing. Doch die Tage vergingen und bald hatte die Routine des Tempelalltags sie vereinnahmt und mit ihrer beruhigenden Regelmäßigkeit von ihrem Kummer abgelenkt. Gerade hatte sie eine der wenigen Stunden, in der sie etwas Zeit für sich hatte. Sie hatte kaum mehr Muse zum Nachdenken gefunden, denn meistens stand sie ja unter der strengen Aufsicht der Priesterinnen und wurde mit Aufgaben regelrecht überhäuft. Wie die anderen Mädchen, die dem Minotaurus geweiht waren, mußte auch sie den Hauptteil des Tages mit Tempeldiensten und Beten verbringen. Demütig mußte sie allen Befehlen der Priesterinnen gehorchen. In den ersten Tagen hatte sie noch ihrem neugierigen Naturell nachgegeben und den Frauen verschiedene Fragen gestellt, doch meistens hatte sie nur ausweichende  …
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