… Der alte Mann bemerkte es wohl, während sich ein langes Schweigen zwischen den beiden Männern ausdehnte und Angelo dachte schon, der Eremit würde das Gespräch nicht fortführen; da sprach er plötzlich. Seine Augen waren verhangen, als ob sie in andere Sphären schauen würden und seine Stimme klang wie aus weiter Ferne. „Niemand hat ihn je gesehen und der ihn gesehen hat, kann nicht mehr davon erzählen. Mein Junge, ich weiß nicht, ob er eine von den Göttern gesandte Strafe ist, oder nur ein Ungetüm, ein Monster, ein Raubtier, daß eingesperrt im Labyrinth auf seine Nahrung wartet. Ich spüre dass, wenn ich an in denke, Kälte über mich kommt und ich das Grauen seiner Anwesenheit in meinem Sinn fast nicht ertragen kann. Es heißt, dass der König Minos als sehr junger Mann mit seinen beiden Brüdern haderte, wer den Thron besteigen dürfe. Um den Streit zu gewinnen, bat Minos den Meeresgott Poseidon um ein würdiges Opfertier. Dieser schickte ihm einen prächtigen Stier, womit die Thronfolge entschieden war. Das Tier war allerdings so außergewöhnlich, dass Minos sich nun als König weigerte, es zu opfern. Die Götterwaren erzürnt und legten einen Bann auf Minos Gemahlin Pasiphae, so dass sie sich in den Stier verliebte. Auf magischen Wegen wurde sie von ihm schwanger und gebar ein Ungeheuer, halb Mensch, halb Tier. Dies war die Strafe für Minos` Frevel.“ Der alte Mann schüttelte sich, als ob er ekliges Getier von sich abwerfen müsste und sein Blick wurde wieder klar. „Als diese Geschichte in Umlauf kam, war ich noch nicht am Hof des Königs, viel davon mag stimmen, aber das Ungeheuer hat wohl noch niemand gesehen. Es heißt, das Minos von Daidalos dem Baumeister ein Labyrinth in den Berg bauen ließ, um das Monster einzusperren, als er merkte, wie blutrünstig es war.“ Angelo senkte resigniert den Kopf, Tränen traten in seine Augen, als er daran dachte, was seiner über alles Geliebten in dieser furchtbaren Höhle geschehen könnte. Dann schüttelte er die Lethargie ab, hob den Kopf und sprach mit fester Stimme: „Edler Herr, ich und das Mädchen meines Herzens, ohne die ich nicht weiterleben möchte, sind dem Stiergott geweiht. Aber ich möchte nicht dem Gott gehören, ich möchte nur ihr gehören ihr dienen und alles tun, um sie glücklich zu machen.“ Finster sah der Alte Angelo an. Dieser wusste jedoch, dass sein Unmut nicht ihm sondern seinem festgelegten Schicksal galt. Perikles malte mit den Fingern ein paar seltsame Zeichen in die Luft, dann nahm er fest Angelos Hand und drehte die Innenfläche nach oben, so daß das Licht der Fackel darauf leuchtete. …

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