… Also sorgten die Priester dafür, daß der weise Mann von König Minos verbannt wurde, was sie mit Intrigen und Lügen erreichten. Seither lebte er einsam in den Bergen und hatte sich von allen Menschen zurückgezogen. Angelo konnte nur hoffen dass Perikles, als Gegner der alten Wege, so gegen den Minotaurus eingestellt war, dass er bereit war etwas für ihn zu tun. Das Lächeln war Angelo inzwischen vergangen, denn er hatte nur herausfinden können, daß niemand etwas vom Ableben des Mannes gehört hätte. Es war also nicht sicher, daß er noch lebte. Er mußte jetzt ja wohl ein sehr gesegnetes Alter erreicht haben. Sein Großvater war fünfundsechzig Jahre alt und als sein Großvater noch ein junger Mann war, hatte dieser Priester bereits die vierzig überschritten gehabt. Zumindest hatte sein Großvater es ihm so erzählt. Angelo schickte ein Stoßgebet zu allen Göttern, ihn den Weisen lebend antreffen zu lassen. Er wusste noch nicht genau wie, aber entweder durch Zauber oder magische Tränke erhoffte er sich Hilfe von ihm. Er sah in dem alten Priester die letzte Chance für sich und Elena und hatte beschlossen, sich diesem notfalls bettelnd und flehend zu Füßen zu werfen, denn für ihn ginges um alles. Erschrocken blieb Angelo stehen. Vor lauter Grübeln hatte er nicht auf den Weg geachtet und als er schon dachte, er hätte sich verlaufen, sah er plötzlich sein Ziel vor sich. Die Hütte war kaum mehr zu erkennen, so hatte die Natur sich um sie geschlossen. Angelo näherte sich vorsichtig. Zum Glück hatten sich inzwischen die Wolken verzogen: der runde Mond beleuchtete die Szenerie und der ganze Berg schien wie mit Silber übergossen. Angelo fand zwischen wildem Wein und Efeu die alte Holztüre und klopfte leise an. Lange tat sich nichts im Inneren der Hütte. Schweiß trat dem jungen Mann auf die Stirn. Er durfte nicht aufgeben, es war zu wichtig. Wichtig für ihn, für seine Zukunft und für Elena, denn sie war seine Leben und ohne sie würde es für ihn keine Zukunft geben. Er klopfte nochmals, diesmal lauter. Endlich hörte er Geräusche in der Hütte. Hinter einem von Ranken überwachsenen Fenster sah er ein Licht aufflammen. Die Tür wurde geöffnet und fast hätte ihn der Mut verlassen, als er den von gedämpftem Licht umflossenen großen Schatten sah. Er fühlte sich wieder wie der kleine Junge von fünf Jahren. Die dunkle Gestalt im Türrahmen stand unbeweglich und abwartend da. Nein, er durfte nicht aufgeben, sein Glück, sein ganzes Sein hing davon ab, was die heutige Nacht ihm brachte. …

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