Ben gab Gas, gelangte bald wieder auf die Straße und fuhr nach Albuquerque. Unterwegs mußte er haltmachen, um etwas zu essen. Seit dem Vorabend hatte er nichts mehr zu sich genommen, außer etwas Wasser. So gestärkt erreichte er die Stadt zu Beginn der Dämmerung, sofort steuerte er eine Kneipe an, er brauchte die Adresse dieses Raoul Gomez. Der Name Gomez war nicht häufig im Telefonbuch, Raoul gab es nur einen einzigen.
Mit einer großen inneren Ruhe fuhr Benjamin zum Wohnsitz seines Peinigers, stellte den Mietwagen einige Meter entfernt an den Straßenrand, schaltete die Scheinwerfer aus und wartete. Vor dem Haus stand kein Motorrad, es war anzunehmen, daß Raoul unterwegs war. Nun, Zeit hatte Ben, viel Zeit. Wenn alles klappte, hatte Raoul hinterher noch viel mehr Zeit - über seine Sünden nachzudenken.
Die Echse auf dem Rücksitz verhielt sich ruhig, schien zu schlafen. Ben nahm die Waffe und steckte das Magazin in den Pistolengriff. Er hatte nicht vor sie zu benützen, dennoch überkam ihn ein merkwürdiges Befinden: Er saß in einem Wagen bei Dunkelheit und wartete. Von Aufregung war nicht viel zu spüren. Ben hatte einen Plan und würde ihn durchführen. Gestern noch war er das Opfer gewesen, in Zukunft würde er den Spieß umdrehen; im wahrsten Sinne des Wortes. Am heutigen Tag würde er damit beginnen. Benjamin Sinclair wollte sich keine Ungerechtigkeiten mehr gefallen lassen, von niemandem, nicht heute und nicht in der Zukunft. Auch über die Vergangenheit wollte er das Tuch des Schweigens noch lange nicht ausbreiten ...
Die reglose Gila-Krustenechse im Sack besaß keine Giftzähne, sondern bewahrte in einer Drüse ihre tödliche Mixtur auf, die sie mit ihren gefurchten Zähnen in ihr Opfer preßte, indem sie auf der Bißwunde intensiv herumkaute. Es gab durchaus Menschen, die eine Attacke der Heloderma suspektum überlebt hatten, weil sie sich das gebissene Glied abgeschnitten hatten, aber ohne einen derartigen Eingriff standen die Chancen schlecht, sehr schlecht sogar.
Ben warf einen Blick aus dem Fenster in die Dunkelheit und überlegte, wie er sich zur Wohnung dieses Raoul Zutritt verschaffen könnte. Die Gegend hier zählte nicht zu den feinsten. Er zog sich Handschuhe an, stieg aus, den Sack in der Hand, die Waffe in der Jackentasche, das Messer, Raouls Messer, im Hosenbund. So lief er den unbeleuchteten Weg entlang, bis er vor der Haustür stand. Seit er das Anwesen beobachtete, war kein Mensch …
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