Ich selbst stand mitten im Examen, als ich erfahren habe, daß mein Vater nach Cambridge ins Richteramt berufen worden war. Durch eine glückliche Fügung hatten sich der Verkauf der Anwaltskanzlei und seine Berufung nach Cambridge überschnitten. Ich bin letztlich hier in London zurückgeblieben, um meine Ausbildung zu beenden.“
Patricia setzte sich auf die Couch, streifte ihre Schuhe ab und bettete ihre angewinkelten Beine neben sich auf die Sitzfläche. Nach ihren Worten war es ihr auch heute noch ein Rätsel, wie ein Mann mit einem solchen Vorleben in den Richterstand berufen werden konnte; offenbar hatte er beste Beziehungen und verstand es, bezüglich seiner Leidenschaft alles Aufsehen zu vermeiden. Bis heute.
„Jetzt ist es ernster“, begann sie aufs neue. „Diesmal hat er eine horrende Hypothek auf sein Haus in Cambridge aufgenommen, kann sie nicht zurückzahlen und läuft Gefahr, in Kürze zahlungsunfähig zu sein.“ Und nach einer kleinen Pause fügte sie an: „Pleite. Das geschieht ihm recht!“
Patricia griff sich an die Stirn, als hätte sie Kopfschmerzen. Ben setzte sich neben sie und sie lehnte sich an ihn, legte ihren Kopf an seine Schulter, genoß seine Nähe.
Für Ben war klar, daß sie versuchen mußte, ihrem Vater zu helfen, auch wenn sie keinen allzu engen Kontakt mit ihm pflegte. Neben dem finanziellen Desaster ging es in erster Linie um den guten Namen der Familie. Wie würde es sich ausnehmen, wenn der Vater von Richterin Hawkins wegen Spielschulden aus Amt und Würden scheiden müßte? Und das wenige Jahre vor seiner Pensionierung. Der ganze Spott der Presse würde sich über Patricia ergießen, auch wenn sie an der ganzen Sache schuldlos war. Ben bemühte sich wieder um den Tee.
„Was bleibt mir denn für eine Wahl, Benjamin?“ rief sie ihm hinterher. „Mit meinem Ex-Mann habe ich schon gesprochen, der zieht sich ebenso galant wie geschickt aus der Affäre, von dem habe ich keine Hilfe zu erwarten.“ Und mit einem ironischen Unterton fügte sie an: „Wenn ich ganz ehrlich …
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