… Heute hatte sie das Geheimnis entdeckt. Jetzt wusste sie, weshalb die Herrin ihr damals sofort bekannt vorgekommen war. Die Erkenntnis hatte Sylvia wie ein Schlag ins Gesicht getroffen, der sie endgültig zu Boden streckte. Plötzlich lag es so offensichtlich vor ihr. Wie hatte sie das bisher übersehen können.
Sie schluchzte. Hier in ihrer Kammer konnte sie den Gefühlen freien Lauf lassen. Bisher war niemand außer sie selbst über diese Schwelle getreten. Und Sylvia war dankbar für dieses letzte bisschen Selbst, für diesen Rückzugsort. Ihre Hände fühlen sich kreidig an, die Finger hinterließen schweißnasse Flecken an der gekalkten Wand. Sie weinte. Tränen rannen über die Wangen und hinterließen nasse Spuren. Ihr Leib zitterte, fröstelte, obwohl es alles andere als kalt war. Sie dachte an Dave. Was hatte sie ihm angetan? Und was hatte sie damit letztlich sich selbst angetan? Sie erinnerte sich schon kaum noch an ihr altes Leben. Alles wegen dieser dämlichen, verfluchten Beförderung. Sylvia versuchte sich gegen solche selbstzerstörerischen Gedanken zu wehren, doch diesen Kampf verlor sie mehr und mehr. Worum ging es damals überhaupt? Sie wusste, ihre Situation hatte sie sich selbst zu verdanken. Niemand anderem. Nur sich selbst! Das war ihre Strafe ... War sie wirklich zu hoch ausgefallen? Sylvia wischte sich die Tränen aus den Augen. Das war doch nur eine Frage des Maßstabs, den man anlegte. Sie hätte sich dieses Leben hier früher niemals vorstellen können, doch sie hatte es sich verdient. Über Jahr und Tag, mit all den Kleinigkeiten und nun bekam sie dafür die gebündelte Rechnung. Eine Abrechnung, der man nicht entkommen konnte. Eine schicksalhafte, höhere Gerechtigkeit. Sylvia schluchzte. Noch vor einem Jahr hätte sie das als dummes Psychogequatschte abgetan und sich nach so einem Zusammenbruch beim nächsten Psychiater eingefunden, doch inzwischen? Sie würde ihre verdiente Strafe verbüßen. Vielleicht brachte ihr das endlich den inneren Frieden zurück, nachdem sie sich schon lange sehnte? Schließlich musste jeder früher oder später für seine Sünden bezahlen. War das nicht immer ihr Motto gewesen? Diesmal würde sie hier hängenbleiben. Nicht nur, weil es keine Alternativen gabt, sondern weil es richtig war. Und gleichzeitig hasste sie sich für diese Einsicht.
Sylvia zuckt unwillkürlich zusammen, als in ihrem Kopf ein Gedanke auftaucht. Nein, das ist vielleicht das falsche Wort! Es war vielmehr ein Gesicht. …
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