… Ich bin ihm zwar versprochen, aber mehr noch lange nicht.“ Hatte da Enttäuschung und Ehrgeiz aus ihrer Stimme gesprochen? Sunu war sich nicht sicher, also fragte er weiter: „Für dich war es bestimmt keine so große Umstellung am Hof des Pharao zu sein, wie für mich. Als Prinzessin bist du sicher in deiner Heimat auch bei Hofe aufgewachsen.“ Verträumt blickte Tuja zum goldschimmernden Himmel empor, über den rosa Wolken glitten. „Ich bin wohl prächtig aufgewachsen, doch nicht in meiner Heimat. Schon als Kind wurde ich nach Kemet gegeben, um als Unterpfand der Verbindung unserer beider Länder als angehende eventuelle Gemahlin für den Pharao erzogen zu werden. Ich musste viel lernen und hatte wenig Freiheit. Doch wenn ich konnte, bin ich meinen Lehrern und Dienern entflohen, um mit meinem Bruder jagen zu gehen. Ich konnte fast so gut mit Pfeil und Bogen umgehen wie Gaza und auch im Kampf war ich nicht immer meinen Bruder unterlegen. Wir haben in der Wüste Löwen gejagt und abends unter dem dunklen Himmel mit seinen tausenden Sternen am Lagerfeuer unseren Sieg über den König der Wüste gefeiert. Ich war meist sehr traurig, wenn man mich zurück zu meinen strengen Lehrern in die Räume des Palastes befahl.“ Ihr Blick kehrte wie aus weiter Ferne zurück, die Vergangenheit verblasste. „Ich glaube nicht, dass ich heute noch solche Freude am Erlegen eines so edlen Tieres hätte. Und du, Leutnant Sunu, woher kommst du?“ Sunu war immer noch gefangen in der Vorstellung, wie die schöne junge Frau vom Streitwagen aus mit Pfeil und Bogen einen Löwen erlegte. Es musste ein herrliches Bild gewesen sein. Nur langsam drang ihre Frage in sein Bewusstsein und aus dem Bild der schönen Jägerin wurde das einer Mörderin. Er blickte sie mit verhärtetem Herzen an und antwortet abwesend: „Ich bin in Jebu aufgewachsen, einem kleine Grenzposten am ersten Katarakt.“ „Hast du nie Reisen gemacht? Nie etwas anderes gesehen?“ Waren Sunus Gefühle auch immer wieder ins Wanken gekommen, so wurde ihm nun wieder der himmelweite Unterschied zwischen seiner Welt und der Tujas bewusst. Auch wenn er jetzt, wie sie, am Hof lebte, war er doch nur ein Soldat, der durch die Gnade Hatschepsuts zu hohem Rang aufgestiegen war und sie war eine Prinzessin. Tuja erhob sich und schlenderte zum Teich zurück. Am Ufer saß eine falbfarbene Tempelkatze, welche interessiert die goldenen Fische im Wasser fixierte. Blitzschnell fuhr die zierliche Pfote hinein und zog einen zappelnden kleinen Fisch heraus. …

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