… die Hatschepsut selbst hatte aufstellen lassen und die jetzt von den ersten rötlichen Strahlen des morgendlichen Re in ein strahlendes goldenes Licht getaucht wurden. Erst an der Tür zum Allerheiligsten (dem Innersten des Tempels) wurden sie zurückgelassen. Ein äußerst verärgerter Thutmosis II wandte sich mit einem Ruck ab und stürmte, von den kritischen Blicken der bereits anwesenden und hinzutretenden Priestern gefolgt, zurück zum ersten Hof. Der Zutritt zum Schrein des Gottes war nur dem amtierenden Pharao gestatten und es versetzte Thuts Stolz jedes Mal einen gewaltigen Dämpfer, wenn er vor den Toren zum Allerheiligsten zurückgelassen wurde und an die Grenzen seiner Macht stieß. Sunu war sich nicht ganz im Klaren, was sich bei diesem göttlichen Ritual abspielte und ließ es sich im Flüsterton von Geb erklären, um sich die Wartezeit zu verkürzen. „Der Pharao muß sich dem Schrein im Haus des Morgens mit Weichrauch gefülltem Gefäß nähern. Im Schrein befindet sich die Kultstatue des Amun. Der versiegelte Schrein wird geöffnet und der Pharao zeigt dem Gott eine Statue der Göttin Maat zum Zeichen für die göttliche bestehende Ordnung im Lande Kemet. Danach wird der Gott entkleidet, gereinigt und frisch angezogen. Vor dem Schrein wurde inzwischen vom Priester ein rituelles Festmahl auf einem Opfertisch vorbereitet. Die einzelnen Gänge werden geweiht und dem Gott zusammen mit weiteren Opfergaben angeboten. Danach begibt sich Amun wieder in seinen Schrein, die Türen werden verschlossen und versiegelt, die Räumlichkeiten werden gereinigt und alle Fußspuren beseitigt. Dann wird alles so belassen, bis am nächsten Morgen sich die ganze Prozedur wiederholt.“ Ebenso leise, wie Geb geraunt hatte, flüsterte Sunu zurück: „Woher weißt du denn über all das so genau Bescheid? Ich denke doch, dass dieses Ritual so ziemlich geheim ist?“ Geb grinste Sunu an und meinte kaum hörbar: „Du musst nur die Ohren offen und dicht an der Türe halten, wenn die Herrin und der Hohepriester am Abend das morgendliche Tun besprechen; aber sags niemand weiter....“ Gebs Grinsen verstärkte sich noch und seine weißen Zähne leuchteten in dem dunklen Gesicht. Sunu hob zum Zeichen seines Schweigens den Finger an die Lippen und konnte sich ebenfalls ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Es dauerte noch eine geraume Weile bis Hapuseneb und Hatschepsut aus der Tür des Heiligtums traten und man sich zurück zur Reisegesellschaft …
◄ zurück blättern Beurteilen Sie den Text bitte fair.
Ihre echte Einschätzung hilft dem Autor seine Texte zu verbessern.
2395 Leser seit 1. Jan. 2024 für diesen Abschnitt
Noch kein Kommentar zu dieser Seite.
Sei der Erste!