… Als sie alles Nötige gefunden hatte, drückte sie Lena auf den Diwan und begann sie für ihren Auftritt herzurichten. Sie waren gerade mit dem Anziehen und Schmücken fertig geworden, als auch schon ein Diener erschien um Lena zum Schaich zu befehlen. Sie konnte gerade noch einen kurzen Blick in einen großen Spiegel werfen und trat überrascht einen Schritt zurück. Die Gestalt, die sie aus dem Spiegel anblickte, hätte aus „tausend und einer Nacht“ stammen können. Das Kleid war ein weißes Gespinst, mit winzigen Perlen bestickt. Es wurde nur von feinen Trägern gehalten und war von der Hüfte an geschlitzt, um das Tanzen nicht zu behindern. In Lenas Haar hatte Merit weiße Rosen eingeflochten dazwischen hingen immer wieder lose goldene Strähnen bis über ihre Schultern hinab. Lena hatte keine Zeit mehr sich näher zu betrachten, denn der Diener scheuchte sie mit wilden Gebärden vor sich her, als ob es sich bei ihr um irgendein Geflügeltier handelte. Er führte sie eilig durch die prächtigen Flure bis sie einen großen Saal mit gewölbter, mit Gold- und Silberornamenten verzierter Decke erreichten, den Lena bei ihren bisherigen Streifzügen durchs Haus noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. Im gedämpften Licht eines glitzernden Kronleuchters konnte Lena den Schaich und seine Gäste auf Sitzkissen und Diwans bequem hingestreckt sehen, während sie Obst aus Schalen aßen, Tee tranken und antik aussehende Wasserpfeifen rauchten. Sobald Lena das Zimmer betreten hatte, begann die Musik zu spielen und die Blicke der Anwesenden richteten sich auf sie. Wahrscheinlich hatte man sie als neue exotische Attraktion angekündigt. Lenas Blick suchte nervös nach den Musikern, aber diese waren hinter bunt bemalten Wandschirmen vor den Blicken der Gäste verborgen. Sie war aufgeregt, aber es blieb ihr nicht viel Zeit zum Überlegen, denn die Trommeln setzten im Rhythmus des Tanzes ein und Lena begann sich im Takt zu bewegen. Es war eine melancholische und doch wilde Melodie die nur aus Rhythmus und den geheimnisvollen Tönen einer Panflöte bestand. Lena versuchte ihre Gedanken abzuschalten und nur in der Musik aufzugehen und langsam begann ihr Lampenfieber nachzulassen. Die Trommeln wurden schneller, die Flöte spielte schriller, Lena bewegte sich wie in Trance auf einem freien Platz zwischen den Gästen. Sie schwebte, sie fiel auf die Knie, sie schnellte wieder in die Höhe, sie drehte sich. All ihre Gefühle, ihre Ängste, ihre Wut, die Verzweiflung, die sich seit Wochen in ihrem Inneren aufgestaut hatte, kamen in diesem Tanz zum Ausdruck. …
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