… Sie hatte in langen Gesprächen alles über den Aufenthalt in Luxor und über Lenas inzwischen gewachsenen Gefühle für den Sohn des Schaichs erfahren. Merits Augen wichen Lenas aus, sie ließ sie unruhig über die grünen Wellen gleiten. „Was ist?“ fragte Lena alarmiert, „du verschweigst mir doch etwas!“ Ängstlich suchte sie den Blick der Dienerin. „Sein Zustand hat sich doch nicht etwa verschlechtert? So sag doch was los ist,“ flehte sie. Merit wandte sich ihr zu und machte eine beschwichtigende Geste. „Nein, nein. Sein Zustand ist unverändert. Es ist nur ..... ach, ich wollte nicht mit dir darüber reden.“ „Jetzt laß mich doch nicht betteln, Merit.“ sagte Lena eindringlich und endlich entschloß sich die dunkelhäutige Frau zu sprechen. „Ich habe gehört, daß Retenu nach dir gefragt haben soll, doch er ist noch zu schwach, um seinen Willen beim Schaich durchzusetzen. Der Herr Ibrahim hat allen Bediensteten strengstens untersagt dich zu seinem Sohn zu lassen. Ich wollte dir das nicht sagen weil ich Angst habe, daß du auf dumme Gedanken kommen könntest.“ Forschend richtete sie ihren Blick auf Lena. Doch diese antwortete mit Unschuldsmiene und größter Sanftmut: „aber nein, Merit. Was sollte ich denn auch groß unternehmen?“ Mied aber den Blick der Älteren. Noch lange streiften sie durch den großen Park und als sie ins Haus zurückkehrten, brach schon die Dämmerung herein. Nachdem Lena nun wußte, daß Retenu nicht einfach das Interesse an ihr verloren hatte, sondern der Schaich ein Wiedersehen verhinderte, hatte sie nur noch einen Gedanken: Retenu wiederzusehen. Dies war jedoch so gut wie unmöglich. Die Villa war riesengroß und Lena hatte keine Ahnung, wo sich Retenus Räume befanden. Tag und Nacht schlich sie immer wieder durch die zahllosen Gänge des Hauses um erst einmal herauszufinden, wo im Gebäude der Schaichsohn sich aufhielt. Sie konnte Merit nicht danach fragen, da diese sonst sofort hellhörig und mißtrauisch geworden wäre. Tage waren vergangen, als Lena, auf einem ihrer Pirschgänge einen Diener mit einem Tablett voller Speisen und Getränke entdeckte. Mit großem Abstand, jede Deckung wie ein Jäger nutzend, folgte sie ihm bis zu einer Türe im Erdgeschoß. Der Diener trat ein und verschloß die Tür äußerst sorgsam hinter sich. Es mußte sich um Retenus Zimmer handeln, denn alle anderen Bewohner des Hauses aßen entweder in der Küche oder im großen Saal. Zufrieden schlich sich Lena zurück in ihre Räume und prägte sich die Gänge, die sie durchschritt, genauestens ein. …
◄ zurück blättern Beurteilen Sie den Text bitte fair.
Ihre echte Einschätzung hilft dem Autor seine Texte zu verbessern.
590 Leser seit 1. Jan. 2025 für diesen Abschnitt
Noch kein Kommentar zu dieser Seite.
Sei der Erste!