… Zornig schrie sie ihn also an. „Ich werde dir nie gehören, denn mein Herz ist schon vergeben. Nie werde ich an einen anderen Mann auch nur denken und dir werde ich weder mein Vertrauen schenken, noch meine Freundschaft. Du bist schuld, daß ich aus allem herausgerissen wurde, was ich kannte und liebte. Du bist schuld, daß ich nie wieder nach hause zurückkehren kann....du bist schuld .....“ Der Rest ihrer Beschuldigungen ging in einem lauten Schluchzen unter und sie barg das Gesicht in den Händen. Sie sah nicht die Bestürzung in Retenus Zügen und auch nicht wie seine Miene nach einem kurzen Anflug von Verzweiflung wieder verschlossen wurde. Lena wußte selbst nicht mehr, ob sie aus Wut auf Retenu weinte, aus Wut auf das Schicksal, oder aus Wut auf sich selbst. Es war ihr auf jeden Fall klar, daß sie ungerechterweise all Ihre Verzweiflung an Retenu ausgelassen hatte, dem sie eigentlich dankbar sein sollte. Immerhin behandelte er sie viel besser, als es einer Sklavin zukam. Als ihr Schluchzen verebbte und sie den Kopf hob, sah sie, daß Retenu mit angespannter Miene den Kopf lauschend zur Seite geneigt hatte. Lena schüttelte ihre Verzweiflung ab, horchte ebenfalls und hörte ein ihr fremdes Geräusch, das sie nicht einordnen konnte. Es klang wie ein fernes Heulen und fragend sah sie Retenu an, der ein undurchdringliches Gesicht machte. Das Geräusch kam näher und klang so unheilvoll, daß sie unwillkürlich näher an den jungen Mann heranrückte. Innerhalb von Sekunden verdunkelte sich plötzlich die Sonne und als Lena den Blick durch das malade Dach zum Himmel richtete, sah sie riesige dunkle Wolken von Sand. Das Heulen schwoll zu einem ohrenbetäubenden Krach an und der Sand begann von allen Seiten, durch jede Lücke im Gemäuer, auf sie einzupeitschen. Trotz ihres vorangegangenen Angriffs auf ihn zog Retenu Lena fest in seine Arme und bedeckte sie beide schützend mit dem weiten Umhang seines Gewandes. Auch die Pferde drängten sich unruhig scharrend und mit den Köpfen schlagend dichter in den Schutz der Mauern. Lena klammerte sich an Retenu, wie eine Ertrinkende ans rettende Ufer und zitterte vor Angst. Sie hatte noch nie so einen Aufruhr der Elemente erlebt und einen Sandsturm höchstens mal im Fernsehen gesehen. Retenu hielt sie weiter an sich gepreßt und berührte mit seinen Lippen beruhigend ihre Stirn. Ihre Angst ließ etwas nach und als sie seine Wange an ihrem Haar spürte, hatte sie unerklärlicherweise mitten in der Katastrophe das Gefühl, als könne ihr nie wieder etwas Böses geschehen. …
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