… Auch hier gibt es Licht und Schatten und wenn es keine Schatten gäbe, würden wir im gleißend hellen Licht verdörren. Durch ihn kann ich erkennen, was ich vorher nicht wahrgenommen habe. Ich habe gelernt, zu riechen und zu spüren. Ich kann inzwischen akzeptieren, dass jemand, der anders ist als ich, nicht unbedingt schlechter sein muss und dass der, der ein ganz kleines enges Leben hat und nicht weiter sieht, als bis zu dem Platz, an dem gerade seine Füße stehen, vielleicht glücklicher ist als der, der bis über den Horizont hinaussehen kann. Im Winter in der eisigen Kälte und bei Hagelsturm kann ich den Sommer riechen und wenn herbstbuntes Laub durch die Gegend weht, weiß ich, wie es duftet, wenn die Erde lebt, und freue mich auf die Farbenpracht des Sommers. Ich habe begriffen, dass Liebe ein Geschenk ist, das man geben darf und dass es wehtut zu begreifen, dass der Beschenkte es vielleicht gar nicht will und nichts zurückgibt. In all den dunklen Zeiten ist es mir gelungen, so viel Herzlichkeit in mir zu haben, die ich weitergeben möchte, so gerne möchte ich die Welt ein wenig wärmer machen. Trotzdem tut es mir leid, dass er so gegangen ist, und ich fühle mich ein bisschen schuldig, so, als hätte ich etwas verkehrt gemacht. Vielleicht hätte ich ihm doch helfen können und es wäre wieder so geworden, wie es am Anfang in der Sonne war. Es tröstet mich ein bisschen, dass ich weiß, dass ich es so sehr versucht habe. Ich hätte alles dafür gegeben, das schwärzeste Schwarz für ihn wieder weiß zu machen, es ist mir einfach nicht gelungen.
Geschrieben mit einem roten Stift steht dahinter: In vielen hellen Vollmondnächten habe ich Pietis Schritte im Schlaf gehört. Mit seiner Mikrofonstimme fragt er immer nur, wie es dem Winzling geht. Meistens hat er mich gelobt und war zufrieden und ging dann wieder weg. Einmal war es mir zuviel, ich habe mit ihm geschimpft, er soll mich doch bitte in Ruhe lassen, ich hätte jetzt ein neues Leben. Als ich erwachte, habe ich geweint und mein Mann hat mich getröstet, er meinte, ich hätte einen schlimmen Traum gehabt und müsste keine Angst haben, er wäre ja bei mir. Ich traue mich nicht, ihm davon zu erzählen weil ich mir sicher bin, es würde ihn vielleicht kränken. Danach ist Pieti in meinen Träumen nie wieder bei mir gewesen und kurz darauf habe ich erfahren, dass er gestorben ist
Ich darf gar nicht an die Verträge denken, die ich für Pieti und für die Männer mit den zwei anderen Namen unterschrieben habe, auch wenn er weg ist, meine Unterschrift steht darunter. …

◄ zurück blättern Beurteilen Sie den Text bitte fair.
Ihre echte Einschätzung hilft dem Autor seine Texte zu verbessern.
1379 Leser seit 1. Jan. 2025 für diesen Abschnitt
Noch kein Kommentar zu dieser Seite.
Sei der Erste!