Heute ist Silvester, der letzte Tag im alten Jahr. Ich bin optimistisch, dass das nächste Jahr ein bisschen besser werden wird. Zusammen mit meinem Winzling habe ich roten Heringssalat auf Brötchen und Krapfen gegessen. Falls ihr Magen meckern würde, habe ich für sie Fencheltee gemacht. Mama würde außer einem spitzen Mündchen ihre Anfälle kriegen, wenn sie das gesehen hätte. Gott sei Dank war sie nicht da. Mein Winzling fand das ganz toll und wenn der rote Salat nicht irgendwann alle gewesen wäre, hätte sie noch mehr davon gegessen. Um Mitternacht hat sie ganz tief und fest geschlafen, die Knallerei hat sie in ihren Träumen nicht gestört. Das Feuerwerk ist wahnsinnswunderschön, es funkelt, glitzert, sprüht in vielen Farben, die Stadt begrüßt das neue Jahr. Heute Nacht will ich keinen Pfirsichsaft, im Kühlschrank steht noch eine verschlossene Flasche Sekt. Nie zuvor in meinem Leben habe ich so ein Ding geöffnet und nicht damit gerechnet, dass es mir sofort gelingt. Wenn ich auch das alleine kann, wozu brauche ich dann überhaupt einen Mann? Immer seltener steigen Raketen auf, ich stehe auf dem Balkon, um in die dunkle Nacht zu sehen als neben mir zum Greifen nah ein silberweißer Sternenschweif zur Erde fällt. Einen Stern habe ich aufgefangen, weil er mir das Glück bringen soll, das ich jetzt brauchen werde. Jetzt ist Neujahr und ich habe noch zwei Tage Zeit um darüber nachzudenken, was ich machen werde. Wichtiger ist mir aber, dass ich weiß, was ich jetzt mache: Ich gehe zu meinem Winzling und hole sie in mein Bett.
Am ersten Tag im neuen Jahr geht es mir entsetzlich schlecht, eine ganze Flasche Sekt, das war für mich zu viel. Den ganzen Tag haben wir gespielt und einen gemeinsamen Mittagsschlaf gemacht, denn heute muss ich keine Briefkästen leeren und auch das Blumengießen hat bis morgen Zeit. Abends geht es mir wieder besser. Mein Kind liegt schon lange im Bett und ich wälze Akten und Verträge. Die Zahlen, die ich aufschreibe und unter dem Strich addiere sind entsetzlich. Das was ich bezahlen muss, werde ich in meinem ganzen Leben nicht verdienen, da müsste ich schon unsterblich sein. Bei diesen Gedanken fallen mir die Bilder auf dem Boden ein. Ganz leise habe ich die Tür geöffnet …
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