Für mich beginnt ein ganz normales Leben und ich lerne, dass Alltag auch schön sein kann. Zu festgesetzten Zeiten gibt es Mittagessen und wenn er abends kommt, ist er mir nicht ein bisschen fremd. Meistens hat er entsetzlich gute Laune und ständig möchte er etwas unternehmen.
Noch nie habe ich einen Mann gekannt, der Fußball spielt und jetzt habe ich einen. Entsprechend seinem Alter spielt er in der Altherrenmannschaft. Zwei Mal in der Woche ist Training, und sonntags um zehn Uhr steht er auf dem Fußballplatz seinen Mann. Ich habe nicht die geringste Ahnung, worum es hier wirklich geht. Wenn er nicht zum Training geht, rennt er abends durch den Wald und steht jappend und schweißdurchtränkt, wie ein junger Hund kurze Zeit später wieder vor der Tür. Die Wunden nach dem Spiel sind manchmal fürchterlich, oft hat er montags ein blaues Auge, weil der Ball ihn traf. Als er sich zum dritten Mal den Fuß gebrochen hat, hörte er damit auf. Jetzt spielt er nur noch passiv mit dem Ball, und nach großen Spielen ist er manchmal heiser, weil er zu laut geschrieen hat.
Noch einmal habe ich das lavendelblaue, lange Chiffonkleid getragen. Er schleppte mich zu einem fürchterlichen Fest und auch der Winzling war dabei. Das einzig Schöne, das ich in Erinnerung habe ist, dass beim Schlafengehen der Schnuller nicht mehr aufzufinden war. Irgendwann hat sie angefangen, im Schlaf den Zeige- und Ringfinger in den Mund zu stecken um daran herumzusaugen, und morgens waren diese beiden Fingerchen wie eingeweicht. Obwohl ich es nicht wollte, habe ich auf den Arzt gehört, und seitdem schläft sie nur noch mit dem Schnuller. Jetzt ist er weg und trotzdem hat sie ohne Fingerchen im Mund geschlafen. Zu Hause finde ich ihn versteckt in einer tiefen Taschenfalte und sie hat ihn nie wieder gebraucht. Ich werde das lange Kleid nie wieder tragen, nie mehr nach diesem Fest. Außerdem denke ich, dass es ausgedient hat, es gehört in den Ruhestand. Trotzdem bringe ich es in die Reinigung. Vielleicht zieht es mein Winzling in vielen Jahren zum Karneval an.
Der Chef der Reinigung ruft an, es ist ihm entsetzlich peinlich. Seine neue Bügelhilfe hat mit dem heißen Bügeleisen das Kleid versaut. Direkt vorne, oben an der Brust, würde man den Abdruck des Bügeleisens sehen und es wäre nicht mehr wegzubekommen. Ich ärgere mich, dass ich die Kosten vorher schon bezahlt habe und er bittet mich, dass ich mir …
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