Sechs Monate habe ich gar nichts erzählt. Ich habe versucht ihm zu erklären, wie das in meiner Familie ist und er sagt, dass er es verstehen kann. Inzwischen kann mein Winzling schon richtig gut sprechen und ich entschließe mich, meinen Eltern zu sagen, dass es in meinem Leben einen neuen Mann gibt.
Am Sonntag bin ich mit meinem Kind bei meinen Eltern zum Kaffee eingeladen, ganz einfach so, ohne Grund. Ich traue mich zu fragen, ob es recht ist, wenn ich demnächst mal jemanden mitbringe. Vor Papas Schreibtisch stehend muss ich dann erklären, dass es sein könnte, dass meine künftige Begleitung ihr dritter Schwiegersohn werden könnte. Dann geht das Gewitter los. Ob ich denken würde, er wäre blöde. Seit langer Zeit kennt er den Wagen, der vor meiner Haustür steht und was der Mann denn machen würde, denn Autos dieser Art würden nur Betrüger fahren. Es ist mir schwer gefallen, nicht zu lachen. Papa muss es am allerbesten wissen, bis vor zwei Jahren ist er in der gleichen Automarke durch die Gegend gefahren. Außerdem hätte mein Winzling schon alles erzählt.
Wie in vergangen Zeiten, hat er sich Auskünfte eingeholt. Der Mann hätte doch sein Büro in einer anderen Stadt und er bat mich zu überlegen ob es nicht besser wäre, dorthin zu ziehen, dann könnten sie vielleicht endlich wieder in Ruhe leben und das Theater mit mir wäre vorbei. Ich hätte ihn umarmen können. So musste ich mir also nicht mehr überlegen wie ich ihm beibringe, dass ich im nächsten Monat umziehen werde. Das mit Sonntag müsste er erst mit Mama absprechen, telefonisch würde er mir dann Bescheid geben.
Abends rief er an, es wäre ihnen recht, sie würden uns Sonntag empfangen aber bitte nicht vor sechszehn Uhr.
Der Mann an meiner Seite hat die Ruhe weg, den wirft so schnell nichts um, und auch ein Antrittsbesuch kann ihm nicht die gute Laune verderben. Er hat sich wirklich wacker geschlagen. Papa fragt ihn als erstes „Sie sind also der neue Freund?“ und Mamas Mund wird immer spitzer weil sie mit ansehen muss, wie mein Winzling auf seinem Schoß sitzt und mit ihm „Hoppe-Reiter“ spielt. Abends haben wir es alle erleichtert überstanden und haben nicht mehr darüber gesprochen. Montagmittag rauscht Papas Auto auf den Hof. Ich rechne mit einem Donnerwetter, doch er hat richtig gute Laune und meint, dass dieser Mann ein ganz feiner Kerl ist.
Nur noch ein Tagebuch habe ich zu schreiben. Anders als …
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