Nachmittags ging sie auf den Spielplatz gegenüber auf der anderen Straßenseite. Er ist herrlich angelegt und gehört zu dem großen Wohnblock, in dem auch Flori wohnt. Bepackt mit Sieb und Kuchenformen will sie mit den anderen Mädchen Bäcker spielen. Von meinem Schreibtisch aus kann ich ihr zusehen und winke ihr fröhlich nach. Richtig wütend kommt sie ganz schnell wieder zurück und schimpft wie ein Rohrspatz, dass sie da nie wieder hingeht. Weil der Sand zu trocken war und das mit dem Kuchen backen nicht geklappt hat, hat Flori einfach in ihren Eimer gepiet. Sie wollte mit einem Schwein nicht mehr spielen und jetzt wüsste sie auch, dass geil etwas ganz Unanständiges ist. Bevor sie Flori die Freundschaft gekündigt hat, hätte sie ihn noch verhauen. Er wäre schreiend nach Hause gerannt.
Floris Mutter kam am Abend zu mir, es täte ihr furchtbar leid und ich möchte doch nicht böse sein, Flori wäre eben ein Junge. Er hat den Winzling nie verpetzt, denn wenn ich erfahren hätte, welche Worte sie zu ihm sagte, hätte ich sie am nächsten Morgen wieder in den Kindergarten gebracht. Plätschernd sagt sie mir abends in der Badewanne, dass sie morgen mit Susanne spielt, die hat einen großen Bruder, der schon in die erste Klasse geht und der Vater wäre Arzt. Weil ich nicht will, dass sie mein Lachen sieht, gehe ich raus und denke, diese Kleine wird es ohne Umweg schaffen, die ist viel stärker als ich es jemals war. Nicht einen Tag hätte sie das hingenommen, was manchmal mein Leben bestimmte. Um sie werde ich mich niemals sorgen müssen, obwohl sie nur an einem Donnerstag das Licht der Welt erblickte.
Auf einer Familienfeier versucht ein blöder Verwandter dem Winzling zu erklären, wie schön ein Leben mit zwei Vätern ist. Entsetzt und wütend nimmt mein Mann uns an die Hand, wenn es um den Winzling geht, versteht er keinen Spaß und zerrt uns in sein Auto. Dem Winzling hat er erklärt, dass ihm der Magen weh tut und es besser wäre, wenn wir nach Hause fahren. Das Kind schläft schon lange und er redet auf mich ein, ihr die Wahrheit zu sagen und die dürfte sie nur von mir selber erfahren. Ihr zu sagen, wer ihr Vater ist, habe ich immer verdrängt. Ich habe gehofft, dass alles bleibt wie es ist.
In der nächsten Woche ist er zwei Tage unterwegs und er möchte gerne, wenn er zurück ist, dass ich mit ihr gesprochen habe. Ich wünsche mir, dass er bei diesem …
Ihre echte Einschätzung hilft dem Autor seine Texte zu verbessern.
3676 Leser seit 1. Jan. 2024 für diesen Abschnitt
Noch kein Kommentar zu dieser Seite.
Sei der Erste!