… Wie immer, gehen wir durch das Büro. Mama macht ihr spitzes Mündchen und ist verärgert, dass ich in der Nacht nicht am Flughafen war. Verwundert fragt sie, wo ich den wohl gewesen bin, ich wäre ja richtig braungebrannt. Sie muss doch gesehen haben, dass ich nicht weg war. Als ich ihr fröhlich erzähle, dass ich jetzt ins Solarium gehe, kriegt sie sich überhaupt nicht wieder ein. Ob ich denn wüsste, wie gefährlich das ist, davon bekäme man Krebs und wo ich denn mein Kind während des ganzen Firlefanz lassen würde. Kleinlaut gebe ich zu, dass ich sie immer mitnehme, ich müsste sie doch nicht verstecken. Papa hat inzwischen aufgehört zu telefonieren und stimmt in dieses Gezeter ein indem er fragt, wo mein Mann ist. Ich denke, die Wahrheit ist am besten und sage ganz einfach „weg.“ Das Theater, das dann folgt, ist unbeschreiblich. Mama schnappt sich meinen Winzling, die Worte sind nicht für ihre Ohren bestimmt. Papa regt sich furchtbar auf und meint, was ich denn bloß für eine Frau bin, der es noch nicht einmal gelingt, den Vater ihres Kindes zu halten. Ich habe mehr damit gerechnet, dass er sagt „sei froh, jetzt bist Du ihn los.“ Wie ich mein weiteres Leben leben müsste, das wäre mir ja wohl bekannt. Zwei Männer hätten mich verlassen, beim ersten Mal konnte man noch darüber hinwegsehen doch zwei Mal hintereinander, das wäre zu viel. In Zukunft würde man von mir erwarten, dass ich nur noch Mutter bin. Man verwahre sich schon jetzt dagegen das ich irgendwann einen dritten Schwiegersohn in ihr Haus bringe. Aber damit wäre ja nicht zu rechnen, wer vergreift sich schon an einer zwei Mal verlassen Frau mit einem kleinen Kind.
Wie immer muss ich vor seinem Schreibtisch stehen, noch nicht einmal Platz hat er mir angeboten, und wie ein gut erzogenes Kind traue ich mich nicht, mich unaufgefordert zu setzen. Auf die Frage, wie ich mir die Geschäfte weiterhin vorstelle antworte ich genau so kurz und bündig: „Ich melde Konkurs an.“ Er schnappt nach Luft, um dann zu brüllen, dass er erwartet, dass ich den Namen sauber halte. Zahlen werde ich ihm wohl besser gar nicht nennen, ich möchte nicht noch Schuld an seinem Herzinfarkt haben. Jetzt mache ich mir Gedanken, welchen Namen er bloß meint und sage ganz einfach „tschüss, ich gehe jetzt zu Mama und hole mein Kind.“
Mama matscht mit einer Gabel die knackig frische Banane zu Brei. Noch immer hat sie nicht begriffen, dass der Winzling inzwischen groß genug ist, davon abzubeißen. …

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