Der Eingegipste rief mich an und lachte. „Das ist doch kein Grund, zu kündigen.“ Er kennt Manfred seit Jahren und auch er hat seine ehemalige Sekretärin geheiratet. Bis zur Geburt ihres Sohnes wären sie ein tolles Team gewesen und ich sollte es mir noch einmal überlegen.
In der Wochenendzeitung studierte ich die Stellenangebote und am Montag stehen mir drei Bewerbungen bevor. Ich bin zuversichtlich, dass ich nicht arbeitslos werde und meinem Vater nicht auf der Tasche liegen muss. Ein Architekturbüro, eine der beiden großen Tageszeitungen und ein Graf, Inhaber eines mittelständischen chemischen Unternehmens, suchen eine zuverlässige Mitarbeiterin.
Morgens das Architekturbüro: Familienanschluss und Mittagstisch, der Inhaber mehr Künstler als Handwerker, wunderschöne Licht durchflutete Büros aber ein kümmerliches Gehalt. Nachmittags beschwerte sich der Architekt telefonisch bei Mama über meine Gehaltsvorstellungen, weil er meine Forderungen als Tochter eines Selbstständigen als Unverschämtheit betrachtete. Ich will mich doch nicht verschlechtern, aber bei seinem Angebot ist die Arbeitslosigkeit für mich lukrativer. Mittags dann die Tageszeitung: Ein Gehalt, von dem ich bislang nicht einmal zu träumen gewagt habe, aber samstags und sonntags alle vierzehn Tage Dienst, was wird dann mit Manfred? Ich habe mir dort vorsichtshalber Bedenkzeit erbeten. Gleich danach der Graf: Er sucht eine Assistentin für seinen persönlichen Kram, eine, die sein Chaos in Ordnung bringt und die Kosten der Strafzettel für das falsche Parken seiner Frau vor Einleitung eines Bußgeldverfahrens überweist. Für solche Dinge hätte er keine Zeit, denn in Kürze soll er die ererbte Baronei antreten und außerdem wäre er Rotarier und das würde ebenfalls noch sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Sein Gehaltsangebot ist fürstlich und die Bedingungen königlich. Ich verzichte auf den Job bei der Zeitung, obwohl der nette Personalchef mich noch telefonisch …
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