Langsam kehrt der Alltag wieder ein. Der Leiter meiner Krankenkasse rief mich an und erkundigte sich nach meinem Befinden. Er dachte an eine Therapie aber hatte nicht den Mut, es auszusprechen. Da wir uns schon lange kannten, lud ich ihn einfach zum Kaffeetrinken ein. Er nahm meine Einladung gerne an und dabei erzählte mir aus seinem Leben. Ganz früh war seine Frau verstorben und er war plötzlich mit drei Kindern allein. Sein jüngstes Kind ist mongoloid und trotzdem macht es ihm viel Freude und er möchte es nicht eine Sekunde missen. Als wir uns verabschieden, schäme ich mich entsetzlich vor mir. Was habe ich mir nur gedacht, einfach vor den Tagebüchern wegzulaufen, sie sind doch nur Papier und der Mensch, der dieses dumme Zeug geschrieben hat, gehörte niemals richtig zu mir, er hat mich einfach nur gebraucht.
Auch Bärbel aus dem Personalbüro ist bei mir vorbeigekommen. Sie meinte, ich soll mich schonen und alle würden sich freuen, wenn ich nach meiner Entbindung wiederkomme. Mit keinem Wort habe ich ihr gesagt, was wirklich geschehen ist.
Bei allem, was sie machte, habe ich versucht, Elsa nah zu sein, aber immer, wenn ich mit ihr reden wollte, hat sie ganz einfach weggehört.
Elsa war ein richtiger Putzteufel und schwirrte jeden Tag wie ein Kreisel durch ihre Wohnung. Ständig fand sie etwas, was sie entsorgte. Bilder, Briefe und Belege schmiss sie einfach weg, sie wusch ihre Gardinen, obwohl sie kaum von der vorhergehenden Wäsche getrocknet waren. Die Erde war noch knochenhart gefroren, als sie Heide und Silbereiche aus den Kästen riss und die Blumenerde mit warmem Wasser goss, um sie für die neuen Frühjahrsblumen weich zu bekommen. Manchmal dachte ich, sie spinnt. Erst, wenn alles klinisch rein war, gönnte sie sich ein Schaumbad und war dann erst in der Lage, richtig zu entspannen. Ich dachte „Gott sei Dank, es ist vorbei, sie wird jetzt wieder klar“. Aber auch danach war sie noch längst nicht wieder ansprechbar. Sie musste ihre zwanzig Nägel feilen und lackieren und wenn sie damit fertig war, machte sie sich einen Hawaii-Toast. Aber auch dann konnte ich nicht mit ihr reden, denn als gut erzogenes Kind hätte sie es nie gewagt, mit vollem Mund zu sprechen. Sie trank eisgekühlten Pfirsichsaft, aber ich habe viel zu spät mitbekommen, dass sie darin Unmengen von Tabletten auflöste. …
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