Meine Nachbarin ist ein Schatz. Brot, Milch, Obst, sogar frische Blumen hat sie besorgt. Den Vorweihnachtsstrauß hat sie durch Apfel- und Kirschzweige ersetzt, und in wenigen Tagen werden die Knospen aufbrechen. Adrian und Isolde schlafen mit versenktem Köpfchen auf ihren Stangen und ihr Bauer riecht nach frischem Vogelsand. Ich habe mich getraut, seine Koffer nicht auszupacken und meiner hat bis morgen Zeit. Noch eine ganze Woche habe ich für mich und Egon und bis dahin werde ich bestimmt wieder sprechbereit sein. Ich mache, was ich niemals durfte und nehme meinen Schnurrekater mit ins Bett. Schnurrend begleitet er mich in einen tiefen Schlaf.
Wellen brechen schaumgekrönt, eine Höhle nur für meine Hand, die Sonne wärmt mein Gesicht und dann werde ich im Morgengrauen wach und weiß, dass ich nur geträumt habe. Egon schnurrt immer noch neben mir und ich fühle mich wie zu Hause.
Heute Morgen habe ich meinen Koffer ausgeräumt, gewaschen und alles hängt wieder gebügelt und sauber im Schrank. Manfreds Koffer stehen immer noch verwaist herum. Es interessiert ihn nicht, er hat genügend Anzüge. Irgendwann haben mich die Koffer dann doch gestört, nur deshalb habe ich sie ausgepackt.
Mittwochabend ist Theaterzeit und Papa ruft wieder an. Er ist wortkarg und glaubt mir die schönen Sonnentage nicht. Am Samstag will er vorbeikommen. Glücklicherweise kommt meine Nachbarin am Freitag, um mir beim Putzen zu helfen.
Es ist so vieles an mir vorbei gegangen und ich habe nicht gemerkt, wie die Gerüchteküche um mich herum brodelt. Manfred hat mir gestern vorgehalten, dass ich total gealtert bin. In allen Spiegeln und bei jedem Licht habe ich nach Falten gesucht aber ich habe wirklich keine einzige entdeckt.
In der letzten Ausgabe einer Frauenzeitschrift sah ich die Werbung für eine Wundercreme, die in achtundzwanzig Tagen zehn Jahre jüngere Haut versprach. Wild entschlossen habe ich mich, trotz der einhundertachtundneunzig Mark, zu …
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