Nur noch kurze Zeit, in wenigen Wochen hat er endlich seine schriftliche Prüfung. Bis dahin hat Bernd wirklich noch viel zu büffeln. Ich rede ständig auf ihn ein, wie wichtig es ist, dass er seine Prüfung besteht und dass es mir nichts ausmacht, wenn er jetzt keine Zeit für mich hat. Als ich ihn wollte, durfte ich nicht und jetzt, wo ich darf, will ich ihn schon lange nicht mehr. Am liebsten würde man mich jetzt zwingen aber wieder einmal bin ich nicht brav.
Am Ende unserer Straße wurde ein großes Kaufhaus eröffnet. Der Geschäftsführer suchte eine Assistentin und ich glaubte, dass ich die war, die er suchte. Ohne meinen Eltern etwas zu sagen, verabredete ich mich mit ihm. Er versuchte mich zu überreden, am besten gleich anzufangen. Das war jedoch unmöglich, obwohl das zugesagte Gehalt einem Vorstand einer vierköpfigen Familie ein Glückslächeln ins Gesicht getrieben hätte. Mama und Papa erklärten mich für übergeschnappt und jetzt habe ich mit ihm ausgehandelt, dass ich vorerst nur nachmittags und am Samstag arbeiten kann. Mit dem Leiter der Einkaufsabteilung, Archie, Kölner und so groß, dass er mir gerade bis an die Schulter reicht, verstand ich mich auf Anhieb. Obwohl sein barscher Ton gewöhnungsbedürftig war, sind wir jetzt ein eingespieltes Team.
Auch zu Hause habe ich jetzt einen Stein im Brett. Meine Eltern loben mich wegen meines Fleißes und zeigen sich verständnisvoll, wenn ich mir für Bernd jetzt nicht mehr so viel Zeit nehme. Ich brauche die kurze Zeit am Wochenende, um mich und meine Sachen in Ordnung zu bringen. Ich bin zuversichtlich, dass auch wieder andere Zeiten kommen und Geld macht eben nicht glücklich, aber zufrieden. Bernd klebt an den Wochenenden jetzt verkümmert in seinem Wohnzimmersessel. Nichts kann ihn hier vertreiben. Auch, dass er inzwischen ein Auto hat, imponiert mir herzlich wenig. Er macht um diese alte Karre einen Kult, dass es mir schon fast wehtut. Den Aschenbecher hat er ausgebaut und ins Handschuhfach gelegt, und vor jeder Fahrt putzt und poliert er mit einer Hingabe, dass ich es kaum ertrage. Es würde mich nicht wundern, wenn er vor dem Einsteigen von mir verlangt, dass ich meine Schuhe ausziehe.
Ich bin so ekelig und schäme mich vor mir selbst.
Zu meinem Geburtstag …
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