Die Seiten müssten trocknen. In feuchtem Zustand würde ich noch mehr Schaden anrichten. Elsa ist in Aufbruchstimmung, sie hat es eilig. Ich verspreche ihr, dass ich mir die Zeit nehmen werde, ihre verregneten Erinnerungen neu zu schreiben. „Elsa ein Jahr lang, jeden Tag eine Stunde. Ich schenke Dir meinen Mittagsschlaf und niemand wird etwas davon mitbekommen.“ „Mit der Hand zu schreiben, das ist unmöglich“, redet sie auf mich ein. „Das habe ich auch gar nicht vor“, wobei ich an den Computer in meinem Büro denke. Elsa ist entsetzt, weil sie befürchtet, dass es dann jeder lesen kann und so muss ich ihr versprechen, niemandem Einblick in ihr Leben zu gewähren. Trotzdem bleibt sie voller Zweifel, und die verregneten Seiten machen auch mir jetzt nicht mehr nicht viel Mut. Ich kenne Elsas Leben so gut, als ob ich es selber gelebt hätte aber ich bin mir sicher, dass sie auch mein Leben ohne Mühe aufschreiben könnte. Zwölf Monate, jeden Tag, das müsste ausreichen. Jeden Tag werde ich mit meinen Gedanken bei Elsa sein und mit ihr hoffen, dass ihr Leben wieder so neu wird wie ihre Tagebuchaufzeichnungen.
Kurz bevor ich das vertraute Motorengeräusch meines Mannes in der Hofeinfahrt höre, habe ich den Elsa-Karton weggestellt. Ich bin nicht mehr allein. Scherzhaft kommt die Frage, was mir Elsa denn dieses Mal erzählt hat. Elsa ist nur aus meinen Erzählungen bekannt, nie gab es ein Zusammentreffen. Manchmal habe ich das Gefühl, Elsa wird mir nicht so recht geglaubt.
Ich halte mein Versprechen. Ab sofort gibt es keinen Mittagsschlaf mehr. Die Bücher sind getrocknet, einen Anfang zu finden, ist nicht leicht. Die Jahre vor dem elften Geburtstag kenne ich aus Elsas Erzählungen, es ist, als ob ich sie miterlebt hätte. Es gibt aus dieser Zeit keine Tagebücher aber so gerne würde ich ganz vorne beginnen. Es ist fast wie beim Springseil springen. Ich traue mich nicht, in das schwingende Seil hinein zu hüpfen, dabei ist es so leicht.
Ich quäle mich mit den Worten und spüre Elsas Nähe. Ich zeige ihr das Geschriebene und sie ist entsetzt. „Was machst Du da? Du hast mir versprochen, meine Tagebücher neu zu schreiben und ich lese immer nur: Elsa machte, Elsa dachte, Elsa wollte. Warum schreibst Du nicht wie ich „ich …
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