Feuchtgrau schwabbeln die nassen Nebelschwaden durch die Luft. Der Wind hat aufgefrischt. In der Nacht hat es gefroren und geschneit, aber trotzdem hat sich die Sonne am Morgen kurz gezeigt. Die mutigsten Vögel singen ihr Lied aber die Kälte lässt sie schnell wieder verstummen. Ein Luxus, an solchen Tagen ausschlafen zu können. Der frisch gefallene Schnee treibt mit dem aufkommenden Sturm an die Fenster. Das kann doch nicht sein, heute ist der zweiundzwanzigste Dezember, mein persönlicher Frühlingsanfang. Der kürzeste und dunkelste Tag ist vorüber. Jeden Tag wird es früher hell, die Abende werden länger und es wird nicht mehr lange dauern, bis es nach Frühling zu duften beginnt. Aber noch ist es kalt, frostig, schneebedeckt und stürmisch. Über dem Kirchturm sehe ich die Wolkendecke einreißen, die Flugzeuge hinterlassen ihre Kondensstreifen und setzen zur Landung auf dem nur wenige Kilometer entfernten Flughafen an.
Wie Elsa, bin ich ein Novemberkind und wie Elsa, mag auch ich diese grauen Monate nicht. Ich wusele im Haus herum, beschäftige mich mit diesem und jenem, krame alte Erinnerungsstücke hervor, die ich über Jahre gehegt und gepflegt habe.
Lange habe ich nichts von Elsa gehört und lange habe ich auch nicht an sie gedacht. Ich räume im großen Schrank in der Diele, den ich als Garderobe nutze. In der hintersten Ecke steht ein mit Klebeband verschlossener Karton. Ich öffne ihn, und ein rotes Fotoalbum und viele beschriebene Hefte und kleine Bücher kommen zum Vorschein: Elsas Fotoalben und ihre Tagebücher: Viele Jahre stehen sie schon hier und genau wie Elsa, habe ich sie schon fast vergessen. Der Einband des Fotoalbums hat sich gelöst, schade, ich werde ihn reparieren. Mit Kleber und Wäscheklammern setze ich mich an den Tisch, und schnell ist der Schaden behoben. Die Klammern lasse ich über Nacht dran, damit alles gut trocknen kann. Wie alt mag dieses Album sein? Ich kann es kaum fassen, es müssen über fünfzig Jahre sein, so alt wie Elsa und ich. Der Inhalt des Kartons ruft Erinnerungen in mir wach und plötzlich wird mir bewusst, dass Elsa schon immer irgendwie neben mir …
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