Endlich ist auch Mama fertig. Sie hat ihr graues Kostüm angezogen, dazu trägt sie eine weiße, bis an den Hals zugeknöpfte Spitzenbluse. Kleine, eng am Kopf anliegende Löckchen machen sie nicht unbedingt schöner aber sie findet, dass es sich so gehört. Papa war schon zum Tanken und holt gerade unser neues Auto aus der Einfahrt.
Ich mache Atemübungen. Dieses Mal werde ich es schaffen! Beim Autofahren passiert es fast jedes Mal, dass mir an der nächsten Ecke schon schlecht wird. Nie vergesse ich, als ich Papa mal in den Rücken gekotzt habe, das war wirklich mehr als unappetitlich und deshalb fährt er seitdem schon Stunden vorher zur Tankstelle, denn er denkt, dass vielleicht der Benzingeruch Grund für meine ständige Übelkeit ist.
Wir hätten auch zu Fuß gehen können, denn das Schützenhaus liegt ganz in der Nähe, aber Papa muss unser neues Auto vorführen. Direkt vor dem Eingang des Schützenhauses findet er einen freien Parkplatz und hier kann niemand seinen Nobelschlitten übersehen. Papa wäre vorher gerne noch einen Trinken gegangen, denn schließlich gehören Bier und Korn für ihn auch zu einer Weihnachtsfeier.
Mama, Papa, mein Bruder und meine kleine Schwester gehen gleich in den Saal. Die ersten Schützenbrüder mit ihren Familien sind schon da. Die Männer trinken Bier und Korn, die Frauen rote Likörchen. Die Kinder warten auf dem Fußboden vor der Bühne auf den Weihnachtsmann. Ich werde am Hintereingang abgeliefert. Kein “Toi, toi, toi“, einfach nur: „Da musst Du rein“ aber ich werde es ihnen schon zeigen.
Das kleine Fräulein Hermann wieselt herum. Mit ihren adretten Schnürschuhen, ihren Sauerkraut ähnlichen Löckchen, durch die man die Kopfhaut schimmern sieht und nach Kernseife duftend, liefert sie das Musterbeispiel einer alten Jungfer. Die anderen Kinder sind schon alle versammelt und Fräulein Hermann, sie …
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