Als er aus der Tür trat, schmiss ich ihm seine Sachen samt Weinflaschen vor die Füße. Die Flaschen zersprangen vor ihm auf der Straße und ich bedauerte es sehr, ihn nicht getroffen zu haben. Wie ein Bettler stürzte er sich auf seine Klamotten, zog sie an und rannte die Straße entlang. Mein Nachbar, ein etwa 85jähriger Mann stand zufällig auf dem Balkon nebenan und beobachtete grinsend das Schauspiel.
"Na. Stress mit dem Liebsten?"
Ich reagierte nicht und schloss die Balkontür.
Dann verkroch ich mich in mein Bett. Dies war also der vergebliche Versuch, mich in meinem kleinen Leben zu verstecken.
23
Es hätte alles nicht schlimmer sein können. Einige Tage schaffte ich es doch tatsächlich, mich vor der Welt zu verkriechen und mich zu fragen, ob ich anders sei oder die anderen. Natürlich waren es die anderen. Ich war normal. Aber es beruhigte mich nicht wirklich, denn wer findet es schon toll, als einziger normal zu sein, während alle anderen nicht richtig ticken. Somit ist man als Normaler schon wieder komisch. Das ist als würde man auf der Autobahn Geisterfahrer spielen, man kann sich zwar einreden, dass alle anderen falsch fahren, aber man bleibt doch der einzige, der in die andere Richtung fährt.
Der Stress bei der Arbeit half mir auch nicht wirklich aus meinem Tief, von dem ich nicht mal wusste, woher es kam. Ich war einfach mit allem unzufrieden. Und jetzt musste ich noch die dreckige Bettwäsche eines gerade verstorbenen Patienten wechseln.
"Also? Was ist?"
Inka setzte sich auf das leere Bett und zog eine Augenbraue hoch.
"Was soll sein?"
Ich sah sie nicht an, sondern faltete fleißig meine Bettwäsche zusammen.
"Bist du depressiv? Hast du Krebs? Musst du schnellstmöglich das Land verlassen? Oder bist du schwanger?"
"Nichts davon."
"Was ist dann also? Du siehst aus, als hätte dich eine alte Frau mit ihrem Krückstock verdroschen."
"Nicht ganz, aber so ähnlich."
"Gut. Wer ist es?"
"Hä?"
"Es steckt doch mal wieder ein Mann dahinter. Wer ist es? Etwa einer aus der Radiologie. Die sind alle schwul, da beißt du dir die Zähne aus."
"Es ist niemand. Niemand bestimmtes jedenfalls."
"Also geht es um Männer im Allgemeinen."
"So in etwa."
Ich hatte keine Bettwäsche mehr zum Falten und auch keine Lust nochmal von vorn anzufangen, also setzte ich mich neben sie aufs Bett. …
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