Zum Mittagessen hatten wir uns verspätet. Verärgert rührte Mama in der Suppe. Papa packte das Tütchen aus und schnippelte mit einer kleinen Nagelschere vorsichtig alle Etiketten ab. Mama nahm sich noch nicht einmal Zeit, sich die Sachen anzuschauen und füllte mit kalter Mine heiße Suppe auf unsere Teller. Papa war in Kämpferlaune: „Wassersuppe mit Erbsen und vielen kleinen Grießklößen dafür aber mit wenig Geschmack. Was hast Du dir bloß dabei gedacht.“ Mama fand die Suppe gesund und Papa bellte zurück „vielleicht für das Haushaltsgeld aber nicht für uns, wenn weiterhin so ein Gewässere auf den Tisch kommt, wird mir nichts anderes übrig bleiben, als mit den Kindern in den Wienerwald zu gehen.“ Dicke Luft und eine Stimmung zum Schneiden. Als Papa dann noch Mamas Kleiderschrank inspizierte und darauf bestand, dass auch die Pullover und Röcke seiner Schwester verschwinden, war das Maß voll. Mama bekam ihre Migräne und wir liefen auf Zehenspitzen durch die Wohnung. Dieses Mal hatte sie sogar vergessen, mit dem Schirm in der Hand zu drohen, um uns so wieder mal mitzuteilen, dass sie in die weite Welt geht.
Künftig will Papa die Einkleidung seiner Töchter übernehmen, Mama soll sich um den Sohnemann kümmern. Es gehört für uns nicht zum guten Ton, bei Klamotten-Anton einzukaufen. Ich bin mir also sicher, dass meiner kleinen Schwester und mir diesbezüglich rosige Zeiten bevorstehen.
Am nächsten Morgen war Annegret um sieben Uhr wieder zur Stelle. Gut gelaunt bewunderte sie meine neue Unterwäsche und brachte Mama das Frühstück ans Bett, bevor sie mich und meinen kleinen Bruder auf den Schulweg schickte und dann meine …
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