Stück für Stück quäle ich mich durch den Englischunterricht. Noch viel schwieriger ist jedoch Mathematik. Wir haben Algebra und Geometrie, schrecklich! Bruchrechnen und Wurzelziehen, das kann ich ja irgendwie noch verstehen. Mit dem Rechenschieber beginnen aber für mich die richtigen Probleme. Papa versucht jetzt an unzähligen Nachmittagen, sein Mathetalent in mich hineinzupauken. Es ist aber ziemlich erfolglos. „Du bist zu dumm, ein Loch in den Schnee zu pissen“ schimpfte er und hofft auf den Beistand meines Lehrers.
Ganz neu ist jetzt auch Französisch auf meinem Stundenplan. Unsere junge Lehrerin lispelt leicht und das bringt echt Spaß in den Unterricht. In den Pausen scharwenzelt sie um den Mathelehrer herum und turtelt albern und aufgesetzt mit den Mädchen aus der Oberstufe um die Wette. Obwohl sie weiß, dass er verheiratet ist und gerade erst Vater eines Sohnes geworden ist, schmeißt sie sich an ihn heran was das Zeug hält.
Weil wir eine reine Mädchenschule sind, haben wir unsere Lehrer schon fast zu Halbgöttern erklärt. Die meisten weiblichen Lehrkräfte sind im gesetzten Alter, verheiratet und von noch gesetzterem Körperbau. Auch unsere Direktorin reiht sich wunderbar in die Schar des matronenhaften Lehrkörpers ein. Morgens beginnt der Unterricht mit einer gemeinsamen Andacht. Schulunterricht in langen Hosen ist strengstens verboten, und selbst bei eisiger Kälte dürfen wir diese auf dem Schulweg nur unter dem Rock tragen. Vor Unterrichtsbeginn müssen wir sie dann im Umkleideraum ausziehen und in einem Spind verwahren.
Die Lehrerin für Nadelarbeit ist unsere Oberzicke. Blond gesträhnt meckert sie jedes Mal durch unsere Klasse. Sie ist eigentlich nur Hausfrau und macht ihre Zickerei an unserer Schule nebenberuflich. Vielleicht ist sie ja so, weil sie es nicht verwinden kann, dass sie niemals studiert hat. Wir müssen Leinentücher zerschneiden, um dann mit unseren Stopfkünsten ihren Ansprüchen zu genügen. Annegret kann richtig toll stopfen und hilft mir durch die schweren Stunden. Auch beim Stricken …
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