Irgendwann, ich glaube, es wird nicht mehr lange dauern, wird Elsa wieder neben mir sitzen und sich neugierig durch die Jahre lesen. Ich fürchte, dass mir ihre Kritik an meinen Niederschriften nicht erspart bleibt.
Ich bin allein und wartete auf sie. In der Mittagszeit klappt die Gartentür und Elsa kommt herein. Es geht ihr gut, sie ist ausgeruht und strahlt. Sie fragt mich, ob sie lesen darf und ich vielleicht in der Zeit einen Kaffee mache.
Ich lasse mir Zeit für den Kaffee und ihr Zeit zum Lesen. „Du kannst Dich an alles immer noch so gut erinnern, vieles davon habe ich schon vergessen. War ich wirklich so schlimm?“ „Nein Elsa, Du warst nicht schlimmer als andere, es wurde nur schlimmer gesehen.“
Ihre Ängste, wie Mama damit fertig werden würde, wenn sie diese Eintragungen sieht, kann ich ihr nehmen, denn Mama ist inzwischen alt geworden und würde sie wohl kaum noch in den Keller zerren. Elsa hat immer noch Angst, nicht brav gewesen zu sein. Auch jetzt ist sie eigentlich nie brav, sie ist nur darum bemüht, dass es so aussieht. Wenn sie als Junge das Licht der Welt erblickt hätte, dann sähe es vielleicht anders aus aber Elsa fühlte sich als Mädchen immer pudelwohl.
Ein großer Klumpen wasserdurchweichtes unleserliches Papier, vergebliche Versuche, die Seiten zu trennen und unmöglich, die zerflossene Tintenschrift zu entziffern. Nur die Erinnerung kann mir helfen. Elsa ist keine Hilfe, sie verlässt sich auf mich.
Kurz vor meiner Konfirmation rettete mich ein Blinddarmdurchbruch vor dem Kirchenausflugswochenende. Für Gemeinschaftsunterkünfte hatte ich noch nie etwas übrig und deshalb freute ich mich, dass der Pastor und die Mitkonfirmanden mir über meinen Krankenhausaufenthalt ihr Bedauern ausdrückten und mir liebe Genesungswünsche schickten. Ich war aus dem Turnunterricht nach Hause geschickt worden, weil ich mich vor Schmerzen kaum aufrecht halten konnte. Zu Hause hat Mama meine Übelkeit als dummes Gezicke abgetan, sie sagte, das Frauen das nun mal haben, und ich mich damit abfinden müsste. Wenn ich erst verheiratet wäre und ein Kind hätte, würde mir das Unwohlsein schon vergehen und ich hätte dann an andere Dinge zu denken. Gekränkt und von Schmerzen gequält, habe ich unsere Hausärztin aufgesucht und die hat mich gleich ins Krankenhaus geschickt. Ich hatte noch nicht …
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