Mutter betritt bedrückt das Haus unserer Freunde um mich abzuholen. Ihr gehe es gar nicht gut, versichert sie gleich nach einer kurzen Begrüßung. Aufgeregt gestikulierend erzählt sie, mein Vater und sie hätten sich umgesehen und nach passenden Schulen Ausschau gehalten, sogar den Ministerialbeauftragten hätten sie gesprochen, aber es sei ungeheuer schwierig etwas Passendes für mich zu finden. Meine Sprachenkombination entspräche nicht dem bayerischen Standard. Noch bitterer sei es für meine Schwester. Sie müsse auf die Hauptschule zurück da sie für die Realschule zu jung sei. Welche Schande!
Meine Interimsmutter legt beruhigend den Arm um Mutter und zieht sie ins Wohnzimmer. Mich lassen sie einfach im Flur stehen. Nachdem die schwere Tür geschlossen wurde drehe ich mich um, laufe die Stufen hoch in mein Zimmer, ziehe die Tennissachen an und schwinge mich auf das Fahrrad. Kurz darauf erreiche ich mein Ziel: den Tennisplatz. Er ist mein Anker in der Not, mein Zufluchtsort und meine Kontaktbörse. Hier treffe ich meine Freunde, hier kann ich einfach ich sein. Wie auf ein geheimes Zeichen hin treffen wir uns nachmittags im Tennisheim. Links vom Eingang steht ein großer, rechteckiger Tisch. Dort machen wir es uns mit einem Getränk gemütlich, erzählen witzige Anekdoten aus der Schule und spielen stundenlang Karten. Wir spielen natürlich auch Tennis, so richtig mit Schiedsrichter auf dem hohen Schiedsrichterstuhl, aber auch das müssen wir oft wegen heftigster Lachattacken unterbrechen.
Manchmal tauchen junge Mütter mit ihrem Nachwuchs auf. Sie bitten uns dann auf die Kleinen aufzupassen während sie die Schläger schwingen. Sehr beliebt sind dann unsere Sandkuchen im Erdhaufen neben der Trainingswand.
Heute bin ich spät dran. Keiner ist zu sehen. Mist. Ob ich bei jemandem vorbei fahren soll um ihn zu bitten mit mir ein Match zu spielen?
Unschlüssig klimpere ich mit dem Schlüssel zur Tennisanlage in meiner Hand als ich Reifen auf dem Kies knirschen höre und dann das typische Kreischen einer Fahrradbremse. Die Tür wird aufgestoßen und Uwe schiebt sein Rad ins Gelände. Nach einer kurzen Begrüßung, er gehört zu der Sorte Mann die nicht viele Worte macht, fragt er mich ob ich ein paar Bälle mit ihm spielen würde. Gerne!
Uwe ist sechzehn, furchtbar …
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