Vater ist der Held meiner Kindertage. An seiner Hand begleite ich ihn überall hin. Ich danke es ihm mit perfektem Benehmen schon in jüngsten Kinderjahren. Treffen wir seinen Chef im Büro, so halte ich mich zurück und spreche nur wenn ich gefragt werde. Bei Freunden kann ich spontaner reagieren, aber immer schön höflich bleiben, kleine, lustige Bemerkungen sind in Maßen erlaubt. Jeder findet es total normal dass ich zum Beispiel an Wochenenden immer mit dabei bin und Vater heimst sichtlich erfreut Komplimente für seine wohl geratene Tochter ein.
Ich bin sein Sonnenschein, seine Hoffnung, sein Musterkind. Meine Schwester eignet sich nicht dafür da sie viel zu schüchtern ist und sich gleich hinter seinen Beinen versteckt und schnell weint. Sie hätte sicher denselben Erfolg wenn sie sich traute denn wir tragen beide dieselbe vererbte Wohlerzogenheit in uns.
Vater erklärt mir die Welt: warum Kopfsteinpflaster so heißt wie es heißt, warum es Tag und Nacht gibt, wie ein Geldinstitut, eine Bank, und der Kreislauf des Geldes funktioniert und was man mit Geld alles anstellen kann, warum Schafe Wolle haben, sie geschoren werden und was daraus gemacht wird, was Anachronismus bedeutet… Es gibt keine Frage auf die er keine Antwort hat. Ich bete ihn an und es ist ein Paradies mit ihm bis ich meine Antworten selber suchen will, eigene Vorstellungen entwickle und mich, bedingt durch Schule und Freunde, emanzipiere. Unsere Gespräche werden rauer, fordernder, persönlicher, aber er bleibt mein Mentor. Sicher, manchmal übertreibe ich und fordere seinen Zorn heraus, aber gehört das nicht dazu?
Vater verabschiedet sich eines Tages nach Bayern und erscheint nur am Wochenende. Ohne ihn sind wir vogelfrei. Jede tut das was ihr behagt und ein Diktat gibt es eigentlich nicht. Ich bemerke, dass auch Mutter die kleinen Freiheiten genießt. Oft lässt sie uns abends an den Wochenenden alleine zu Hause und tuckert mit ihrem Käfer in den Tennisclub. Sie ist fröhlich und gelöst, lacht viel. An sonnigen Nachmittagen liegen meine kleine Schwester, Mutter und ich im Schatten eines Nussbaumes im Garten. Wir hören Musik aus dem Radio im Wohnzimmer das wir extra laut stellen und ich löse meine ersten Kreuzworträtsel. Der Eismann kommt an warmen Tagen mit seinem Wagen, einem olivgrünen VW-Bus, in unsere Straße, bimmelt mit einer großen Schiffsglocke und Mutter gibt uns Geld für ein Eis. …
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