Das Häuschen von Vaters Vermieterin ist eines in einer Reihe unterschiedlich bunter Fassaden an einer Bahnstrecke. Einen Wecker braucht Vater nicht. Das Wecken besorgt der Frühzug in die Nachbarmetropole.
Bei unserem Besuch standen wir erstaunt in der Küche der alten Dame. Hexe, habe ich gedacht wegen der wirren Haare, den dunklen Augen, der bunt zusammengewürfelten Kleidung über die sie eine riesige graue Strickjacke trug. Sie ging gebeugt und mir war als habe sie einen Buckel. In ihrer Küche stapelten sich Gläser und Flaschen mit Eingelegtem und Gewecktem aus ihrem kleinen Garten. Überall hingen Kräuterbüsche, mit bunten Bändern zusammengebunden, zum Trocknen. Ihre Möbel standen wirr und vollgeladen herum ohne dass man einen Plan erkennen konnte. Meine Schwester und ich wichen unserer Mutter nicht von der Seite. Staunend und ängstlich sahen wir uns das kunterbunte Chaos an. Wir hatten keine Ahnung wofür diese Zutaten gut sein sollten. Die alte Dame erfreute sich offensichtlich bester Gesundheit und so nahmen wir an, denn die Antworten auf unsere Fragen verstanden wir sehr schlecht, ihr Dialekt wollte einfach nicht in unsere Ohren passen, dass es sich um Heilkräuter handeln könnte.
Um die Schulfrage für meine Schwester und mich zu klären fuhr meine Mutter also für einige Tage in den Süden und brachte mich bei Freunden aus dem Tennisclub unter. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht wo meine Schwester geparkt ist, aber das ist auch total unwichtig wenn man in einem roten Sportcabrio sitzt und durch das sonnige Städtchen braust.
Zurzeit wohne ich nun in einer Unternehmervilla. Die Einrichtung meines Zimmers ist zweckmäßig und gar nicht luxuriös und üppig, da ist es bei mir zu Hause gehobener, aber ich besitze hier ein eigenes Bad, was ich sehr interessant finde. Das Essen wird uns von der Haushälterin nach der Schule im Esszimmer an einem langen Tisch aus blankem, dunklem Holz serviert. Die Stühle, deren Lehnen hoch und gerade und überhaupt nicht bequem sind, stammen bestimmt aus einem Rittersaal. Es sieht elegant und vornehm aus und ich weiß dass auch mein Vater von so einem Tisch träumt, an dem er, natürlich vom Kopfende her, über seine Lieben herrschen würde.
Wenn meine Gastmutter zu Hause ist, dann sitzt sie in einem tiefen Ledersessel in einem großen, dunklen Raum mit deckenhohen Bücherregalen. Am Boden …
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