"Bring mal Dein Englischbuch", bestimmt er dann, noch mit bemüht freundlichem Ton. Wir beide wissen genau, was das bedeutet: die nahende Katastrophe. Vater sitzt mit übergeschlagenen Beinen im Sessel, ich stehe zwei Meter vor ihm, schon zu einem Haufen Elend geschrumpft und Mutter postiert sich zwischen uns beiden auf dem anderen Sessel. Vater schlägt das Buch irgendwo auf und liest Vokabeln ab die ich übersetzen soll. Da ich meist nicht wie aus der Pistole geschossen heraus antworte fragt er bei der zweiten Vokabel schon in strengerem Ton. Jetzt ist Zeit für den ersten Protest:
"Da sind wir noch gar nicht. Das habe ich nicht gelernt. Wir sind ganz woanders."
"Das gibt's doch gar nicht. Vokabeln muss man immer parat haben. Was sind denn das für Lehrer die einfach was auslassen!"
Er atmet tief durch, versucht sich etwas zu beruhigen und fragt dann barsch nach der aktuellen Lektion. Doch leider kann ich diese Vokabeln auch nicht aus dem Effeff. Die Stimmung ist jetzt sehr, sehr gereizt. Die ersten Tränen rollen aus meinen Augen was Vater noch wütender macht. Nach der zehnten nicht oder zu zögerlich beantworteten Vokabel tobt er:
"Du bist faul, Du lernst nicht. Kein Wunder dass Du so schlecht in der Schule bist."
Jetzt mischt sich meine Mutter ein:
"Also ich verstehe das nicht. Wenn ich sie abfrage kann sie ihre Wörter eigentlich ganz ordentlich."
So, jetzt ist das Chaos perfekt. Meine Rolle ist: bleib stehen und heule …
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