Ich betrete nun Freds Reich. Er haust in einer dunkelbraunen Höhle mit verdunkeltem Fenster. Ordnung ist auch nicht sein zweiter Vorname. Sein Zimmer ist ein heilloses Durcheinander von Klamotten, Schallplatten, Tonbändern, Mikrofonen und einigen kleineren Bücherhaufen. Seine Mutter hat mich zu ihm hoch geschickt damit ich mit ihm Französisch lerne. Im Gegenzug hilft er mir bei Deutsch. Er ist, genau wie ich, kein guter Schüler. Das weiß ich aus unseren Gesprächen und ich finde es seltsam, dass seine Mutter gerade mich zu ihm als Nachhilfe schickt. Meine Kenntnisse in Französisch sind, nach Ansicht meines Lehrers, eher mangelhaft als ausreichend. Ich bin davon nicht so überzeugt, denn sprechen und verstehen kann ich viel, nur mit der Feinarbeit in Schulaufgaben habe ich so meine Schwierigkeiten. Da muss alles genau stimmen, im Mündlichen hat man doch viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten.
"Hier, kennst Du die?" fragt Fred gleich und dreht die Musik die mir beim Öffnen entgegenschallt noch ein wenig lauter. Ich bin zwar durchaus musikalisch interessiert, aber diese Art Musik ist mir fremd. Zwei Jahre Altersunterschied machen in der musikalischen Entwicklung eines Teenies einen großen Unterschied. Für mich zählt die Klassik und Radio Luxemburg, er spielt Rock.
"Ich soll mit Dir lernen", merke ich zaghaft an. Dieser Satz ist ein absoluter Witz. Ich merke es gleich. Vielleicht denkt seine Mutter, dass gegenseitige Sympathie sprachliches Können ersetzt. Ich befreie den Stuhl neben seinem Schreibtisch von seiner unordentlichen Bücherlast, setze mich vorsichtig und lausche. Fred greift zur Gitarre, sein Kopf fällt nach vorne, er sackt sozusagen über ihr zusammen und beginnt zu spielen. Nach langen Riffen auf seiner E-Gitarre zu tiefgründigen, selbst erdachten Texten sitzen wir schließlich tatsächlich mit einem Französischbuch da und er rezitiert ein Gedicht von Racine.
Alles ist gut und ich fühle mich super als er plötzlich aufsteht und ohne ein erklärendes Wort verschwindet. Den ganzen Abend und den nächsten Tag bleibt er einfach verschwunden. Niemand gibt mir eine Antwort auf meine Frage nach seinem Verbleib. Ohne ihn ist das Haus leer. Es ist so schön mit ihm zu scherzen und die Tage zu verbummeln. Die Musik fehlt mir auch. Zum Ausgleich gehe ich in die Küche zur Haushälterin, der "Oma" wie wir sie alle nennen. Sie fragt nicht viel und findet immer die richtigen Worte, tröstet mit einer Tasse heißem Kakao oder einem Stück Kuchen. …
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