… Der Kapitän und die wenigen Schiffsleute waren nahezu unsichtbar, spürten doch auch sie die schwermütige Atmosphäre dieser Reise. Sunu wollte eben die Hand Tujas loslassen um sich wieder an die Reling zu lehnen, als er zögerte. Ungläubig schaute er auf das blasse Antlitz der Frau, die trotz allem noch schön war. Die Augen waren offen und sahen ihn an. Sunu fiel neben ihrem Lager auf die Knie und näherte sein Gesicht dem ihren. Klar und bewusst schauten ihn ihre Bernsteinaugen an. Ihre Lippen bewegten sich, wie um etwas zu sagen. Sunu wandte sich abrupt seinem Schreiber zu, der von Sunus Verhalten irritiert herangekommen war. „Bring etwas zu trinken!“ Die Stimme des Befehlshabers vibrierte vor Erregung. Er legte einen Arm und die Schultern der Liegenden und richtete sie ein wenig auf. Immer noch hing ihr Blick an ihm. Hastig stürzte der Schreiber herbei, gefolgt von einer aufgeregten Nefer. Sunu griff nach dem Becher mit gewürztem Wein und hielt ihn Tuja an die Lippen. Vorsichtig ließ er ein paar Tropfen darüber rinnen. Leicht, wie die Berührung eines Schmetterlings, legte sich ihre Hand auf seinen Arm und kaum hörbar flüsterte sie seinen Namen. Fast hätte er sie stürmisch in die Arme gerissen, im letzten Augenblick bedachte er ihren Zustand und zog sie nur vorsichtig und mit äußerster Zärtlichkeit an sich. „Alles wird gut.“ Flüsterte er in ihre Haarmähne und legte, die Augen schließend, seine Wange an die ihre. Wie unter Zwang öffnete er sie noch einmal und warf einen letzten Blick zurück. Von der Stadt war nichts mehr zu sehen, im goldenen Dunst des Morgens war sie verschwunden. Fast schien es ihm, als ob mit Theben auch ein Fluch von Tuja gewichen sei. Entspannt ließ er den Blick zurück gleiten und er fiel auf Tujas Mund, der direkt vor seinem war. Ihre Augen versanken ineinander und er küsste sie vorsichtig auf die weichen Lippen.
*
Auf einer Dachterrasse des Palastes stand eine stille Gestalt und sah zu, wie das glänzende Schiff auf der von Re golden auf den Nil gezeichneten Straße verschwand. Schweigend wandte sich die Herrin beider Länder um und nahm einen Schluck von dem Wein, der in einem Becher auf der Brüstung stand. Sie fühlte sich verloren. Ihre Macht würde sie nicht mehr lange halten können und jetzt hatte sie auch noch einen wichtigen Beschützer und Vertrauten verloren. „Nun ja.“ Dachte sie, die Schultern straffend. „Schließlich ist er …
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